piwik no script img

In jungen Jahren

Hamburger Studie belegt: Drogenprostituierte beginnen oft schon mit Sexarbeit, ehe sie drogensüchtig werden

Hamburg taz/lno ■ Einer Hamburger Studie zufolge haben viele junge Prostituierte schon vor dem 16. Lebensjahr Erfahrung mit Heroin oder Kokain gesammelt – einige bereits im Alter von acht oder neun Jahren. Mit der regelmäßigen Sexarbeit auf dem Straßenstrich beginnen Drogenprostituierte im Durchschnitt im Alter von 17,3 Jahren, sagte die Soziologin Heike Zurhold gestern bei der Vorstellung ihrer Untersuchungsergebnisse. Jede zweite Befragte ging danach zuerst auf den Strich, bevor sie drogenabhängig wurde.

Die Mädchen vom Straßenstrich in Hamburg-St. Georg hätten pro Stunde im Durchschnitt einen Freier, im Extremfall bis zu 25 Kunden täglich. „An einem typischen Tag arbeiten sie etwa 10 Stunden und haben Sexkontakte zu sechs Männern“, sagte die Wissenschaftlerin der Uni Hamburg. Für die von der Diakonie in Auftrag gegebene Studie wurden 94 Mädchen und Frauen zwischen 14 und 26 Jahren befragt.

Weder in Deutschland noch international gebe es eine vergleichbare Studie. In Hamburg arbeiten laut Zurhold rund 300 junge Drogenprostituierte. „Kaum ein Mädchen kommt ohne familiäre Schwierigkeiten ins Drogen- und Prostituiertenmilieu“, erklärte die Soziologin. Über 60 Prozent hätten ihre Familie als Ort körperlicher und sexueller Gewalt erlebt. Über 80 Prozent hätten schon einmal an Selbstmord gedacht. Damit sie ihre traumatischen Erlebnisse aufarbeiten können, müssten die gut genutzten Hilfsangebote ausgebaut werden, forderten die Tagungsteilnehmer.

Hamburgs evangelische Bischöfin Maria Jepsen sagte, die heutige Prostitution sei häufig mit der Drogenproblematik verbunden. Die Mädchen und Frauen müssten darin bestärkt werden, ihrer Situation nicht weiter mit Drogen zu entfliehen, „sondern sich von guten Hilfsangeboten leiten zu lassen“. ELKE SPANNER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen