: Saubere Fahrt in die Zukunft
Die BVG nutzt Ökotreibstoff: Sechs Linienbusse mit Elektromotor starten Anfang 2004, im Frühjahr kommt ein Bus mit Wasserstoffmotor. Der ersten Wasserstofftankstelle fehlen derweil noch Kunden
von TOBIAS VON HEYMANN
„Wasserstoff – Energie für die Zukunft“ steht in großen Buchstaben auf den Plakaten an der Tankstelle auf dem Gelände der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in der Weddinger Usedomer Straße. Wann diese Zukunft aber beginnt, ist offen: Bis heute konnte noch kein Linienbus seine Tanks mit dem Ökotreibstoff „H2“ füllen. Nur ein paar Pkw-Prototypen kommen ab und zu vorbei. Kein Wunder also, dass die hochmoderne Wasserstoff-Tanke heute noch so neu aussieht wie kurz nach dem Eröffnen Ende Oktober 2002.
Doch an der BVG liegt das nicht. Der Nahverkehrsbetrieb hat seine Strategie schon jetzt überraschend klar auf den sauberen Stoff ausgerichtet. Er soll nach dem Prinzip „Wasser statt Öl“ fossile Brennstoffe in Zukunft völlig ersetzen. Ein großer Schritt – doch er hat bereits begonnen: So stehen seit kurzem sechs weitere so genannte Hybridbusse bei der BVG, die schon Anfang 2004 in den Linienbetrieb gehen sollen. Sie fahren mit Diesel und erzeugen beim Bremsen Strom, der dann den Bus alternativ mit Elektromotoren antreiben kann. Ein älteres Modell ist seit 1998 auf der Linie 128 unterwegs – und hat sich bei Tests bewährt. „Die Busse bekommen zurzeit nur noch das BVG-Design verpasst“, sagt Unternehmenssprecherin Barbara Mansfield.
Gleichzeitig erhalten die Verkehrsbetriebe im Frühjahr 2004 voraussichtlich ihren ersten Bus mit Wasserstoffverbrennungsmotor. „Dieser Antrieb nutzt herkömmliche Motoren, die statt Diesel einfach Wasserstoff mit Luft zu Wasser verbrennen“, sagt Eberhard Hipp, bei dem Nutzfahrzeugunternehmen MAN zuständig für Alternativtechnik. Momentan arbeiten die Techniker in München an letzten Details für den Bus. Dort hat derHersteller dieses Modell seit 1999 erfolgreich im Probebetrieb.
„Das sind alles technisch sinnvolle Zwischenschritte. So können wir die komplette Tanktechnik und neue Motoren schon jetzt für den Dauerbetrieb testen“, sagt Burkhard Eberwein, Sachgebietsleiter des H2-Projekts der BVG. Zwar ist die gerade von der Pkw-Industrie Ende der 90er-Jahre geschürte Euphorie über neue Wasserstoffautos vorbei. Denn der erhoffte schnelle Durchbruch bei der Brennstoffzellentechnik lässt noch auf sich warten: „Trotz vollmundiger Versprechen hat noch kein Automobilhersteller eine Brennstoffzelle entwickelt, die den Ansprüchen unseres Betriebes entspricht“, klagt Burkhard Eberwein. Die Zellen gelten als technisches Herz für den Antrieb mit dem Zukunftssprit, weil sie den Strom für die sehr leisen Elektromotoren direkt erzeugen.
Dennoch hat die BVG auch hierfür in dem bayerischen Brennstoffzellenhersteller Proton bereits einen Partner gefunden. „Wenn wir im Dezember wie geplant mit dem Bau des BVG-Busses beginnen können, könnte er in etwa anderthalb Jahren fertig sein“, sagt Proton-Geschäftsführer Felix Heidelberg. Doch warnt er vor überzogenen Prognosen. „Noch ist alles Handarbeit, das braucht Zeit“, sagt er. Bis diese Technik serienreif ist, geht für die Ingenieure zahlreicher Firmen und Konzerne die Arbeit aber weiter – schließlich müssen ganze Branchen vollständig umsteuern.
So will die deutsche BP-Tochter Aral 2004 die erste öffentliche Straßentankstelle der Welt in Berlin bauen – und noch im gleichen Jahr eröffnen. Neben Benzin und Diesel soll an der heutigen BP-Tankstelle am Messedamm auch gasförmiger und flüssiger Wasserstoff für Pkws zu haben sein. „Damit wollen wir die Akzeptanz dieser Technik in der Öffentlichkeit fördern“, sagt Brandenburg.
Daneben hat der Ölkonzern Total im Oktober einen Vertrag mit der BVG für eine weitere Berliner Zapfanlage in Spandau unterzeichnet. Sie soll 2005 am Busdepot an der Heerstraße ihren Betrieb aufnehmen. Bereits heute betreibt Total die Wasserstofftankstelle an der Usedomer Straße. „Wir wollen keine Technologie verschlafen, die die Zukunft bedeutet. Wir machen einen ersten Schritt, noch bevor die ersten Autos da sind“, sagt Total-Sprecher Burkhard Reuss. In Zukunft also könnte die Ruhe für den Wasserstofftankwart in Wedding endgültig vorbei sein.
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