: „Die Studierenden sind sehr zornig“
Markus Scholz, Asta-Sprecher an der Fachhochschule Hildesheim, über die Kürzungspläne des Landes Niedersachsen und weitere Aktionen
taz: Vor zwei Wochen haben 18.000 Studenten aller 19 niedersächsischen Hochschulen in Hannover gegen die Kürzungspläne von Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) protestiert. Der hält jedoch daran fest, dass Niedersachsens Unis im nächsten Jahr 40,7 Millionen Euro einsparen sollen. Was hat die Demonstration gebracht?
Markus Scholz: Das war ein Zeichen, dass wir uns nicht zudeckeln lassen. Angeblich ist ja in Absprache mit den Unis gekürzt worden. Das ist eine Lüge. Deshalb sind wir auf die Straße gegangen.
40,7 Millionen Euro für ganz Niedersachsen sind gar nicht so viel, wenn man bedenkt, dass allein die Humboldt-Universität in Berlin 30 Millionen Euro sparen soll.
Uns geht es darum, zu zeigen, dass man an Bildung überhaupt nicht sparen darf.
Niedersachsen macht im kommenden Jahr 2,5 Milliarden Euro Schulden. Wo soll denn sonst gekürzt werden?
Ich bin Student. Es ist nicht meine Aufgabe, das Problem zu lösen. Ich sage nur: Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Wir haben nur einen Rohstoff: die Bildung, das sind unsere Fabriken. Sie produzieren die Zukunft Deutschlands.
Was bedeuten die Kürzungen für die FH Hildesheim?
Die Wirtschaftsfakultät mit 650 Studenten soll geschlossen werden. Dabei ist sie laut Hochschul-Ranking die fünftbeste in ganz Deutschland. Unser Präsident dachte, mit dem Ende einer Fakultät könnte er der FH insgesamt den geringsten Schaden zufügen. Wir sagen: Die geplante Schließung ist Willkür!
Dass gespart werden soll, war seit Monaten bekannt. Es gab vereinzelte Proteste, dann hat die FH Hildesheim den ersten und bislang größten landesweiten Uni-Protest auf die Beine gestellt. Wieso Hildesheim?
Wir sind zwar klein, aber unser Asta funktioniert gut. Wir haben uns ein Logo mit dem Slogan „Bildet die Rettung“ ausgedacht. Die von der Uni Oldenburg haben die Domain gesichert. Wichtig war gute Koordination: Vor der Demo in Hannover haben wir jeden Tag mit den Uni- und FH-Asten telefoniert.
Hat sich die SPD nach Ihrer fulminanten Rede in Hannover schon bei Ihnen gemeldet? Fraktionschef Sigmar Gabriel sucht Talente.
Ja. Aber Gabriel weiß, wie ich zu ihm stehe. Als die SPD noch in Niedersachsen am Ruder war, hat sein Wissenschaftsminister Oppermann für die Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudenten gesorgt. Und: Wenn ich vorhätte, Karriere zu machen, würde ich garantiert nicht einer Partei beitreten.
Welche weiteren Aktionen sind geplant?
Am Freitag haben Studenten versucht, Minister Stratmann tausende Unterschriften im Landtag in Hannover zu überreichen. Heute ist der Minister hier in Hildesheim. Außerdem planen die Asten, landesweit so lange zu protestieren oder sogar zu streiken, bis Stratmann die Kürzungspläne zurücknimmt. Die Studierenden sind, um es vorsichtig auszudrücken, sehr zornig. INTERVIEW: KAI SCHÖNEBERG
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