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USA: Falludscha morgen erobert

US-Truppen wollen irakische Stadt bis Samstag eingenommen haben. Augenzeuge berichtet von Leichen in den Straßen. Bombenanschläge in mehreren Städten

BAGDAD/BERLIN afp/taz ■ Die US-Armee hat ihre Offensive in der irakischen Stadt Falludscha fortgesetzt und will die sunnitische Widerstandshochburg nach Angaben eines Offiziers bis Samstag vollständig einnehmen. Trotz des zunehmend erbitterter werdenden Widerstands der Rebellen solle Falludscha bis zum Samstagmorgen vollständig unter Kontrolle gebracht werden, sagte US-Offizier Batty. „Wir wollten diese Stadt binnen 108 Stunden einnehmen, und wir sind genau im Zeitplan.“ Kampfflugzeuge bombardierten Ziele im Nordosten der Stadt. Fernsehbilder zeigten Panzer, die durch Häuserruinen rollten.

Nach Einschätzung der US-Streitkräfte wurden im Rahmen der Offensive bislang etwa 600 Aufständische getötet. Ob es in Falludscha auch zivile Opfer gibt, ist nicht bekannt. Der irakische Journalist Fadhil Badrani, der für den arabischen Dienst von BBC World arbeitet, berichtete aus Falludscha, er habe die Leichen von mindestens sechs US-Soldaten sowie zahlreiche getötete Aufständische gesehen. „Viele, viele Leichen von Aufständischen liegen herum, manche schon seit Beginn der Kämpfe. Der Geruch von verwesendem Fleisch breitet sich aus – das ist sehr beängstigend“, sagte Badrani gegenüber der BBC.

Eine bewaffnete Gruppe verschleppte nach eigenen Angaben in Falludscha 20 irakische Nationalgardisten. Der Fernsehsender al-Dschasira strahlte ein Video aus, in dem vermummte Männer Uniformierte mit ihren Waffen bedrohten. Al-Dschasira zufolge erklärte die Gruppe, dass sie die Männer nicht töten werde. Künftige Gefangene werde sie jedoch umbringen.

Der irakische General Abdul Kader Jassim sagte vor Journalisten, bei Durchsuchungsaktionen in Falludscha sei man auf Gebäude gestoßen, in denen Geiseln festgehalten und getötet wurden. In den Häusern seien Waffen, schwarze Kapuzen und Video-CDs gefunden worden, auf denen die Ermordung von Geiseln zu sehen sei. Gestern stießen US-Soldaten auf drei irakische Geiseln, die gefesselt und halb verhungert in Kellern eingesperrt waren.

Die Aufständischen haben offenbar in den vergangenen Wochen systematisch Häuser in Falludscha von Flüchtlingen gemietet oder gekauft – zu überhöhten Preisen. Die ursprünglichen Besitzer wussten dabei nicht immer, wer ihre Mieter oder Käufer waren. In einem Bericht des „Institute for War and Peace Reporting“, einer Organisation, die Journalisten unter anderem im Irak ausbildet, heißt es, in diesen Häusern seien Waffenlager angelegt worden. Der Erwerb von Häusern durch Aufständische sei für die Nachbarn oft ein Grund zur Flucht gewesen, aus Angst vor US-Angriffen.

In Reaktion auf die Falludscha-Offensive kam es auch gestern wieder in mehreren Städten des Landes zu Anschlägen und gewalttätigen Ausschreitungen. In Bagdad starben bei einem Autobombenanschlag in einer belebten Einkaufsstraße mindestens 7 Menschen, 28 weitere wurden verletzt. B.S.

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