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Turm im Maisfeld

GENMAIS Am Freitagmorgen besetzten Umweltaktivisten ein Probefeld bei Braunschweig. Sie wollen damit das Ende der Versuche mit genmanipuliertem Saatgut erzwingen

Wie sie mit acht Leuten einen Betonklotz aufs Feld bekommen haben, wollen die Aktivisten nicht verraten

VON JOSEPH VARSCHEN

„Die Stimmung ist gut. Die meisten schlafen gerade in der Sonne“, sagt Ingrid Wenzl. Sie seien erschöpft vom frühen Aufstehen. Die Umweltaktivistin hatte sich in den frühen Morgenstunden des 24. April mit acht Mitstreiter auf das Forschungsgelände des Heinrich von Thünen-Instituts westlich von Braunschweig geschlichen. Die unabhängige Aktionsgruppe möchte dort die geplante Aussaat von genverändertem Mais verhindern. Um ihren Zielen Nachdruck zu verleihen und öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen, haben sie am Morgen einen hohen Holzturm errichtet. Außerdem wurde ein eine Tonne schwerer Betonblock im Boden verankert, an den sich die Genmais-Gegner ketten wollen, falls das Gelände geräumt werden sollte.

Wie sie den Betonklotz mit acht Leuten auf des Feld bekommen haben, wollte Wenzl nicht verraten. Die Sicherheitskräfte des Instituts bemerkten die Genversuchs-Kritiker erst drei Stunden nach ihrer Ankunft und verständigten die Polizei. „Die waren sehr gut gelaunt, haben nur unsere Personalien aufgenommen und sind gegangen“, sagt Wenzl. Auf Transparenten fordern die Aktivisten ein Ende der Genforschung in Braunschweig.

„Wir verhandeln momentan mit der Uni Aachen, wie es mit dem Forschungsprojekt weitergeht“, sagt Michael Welling, Sprecher des Instituts. Die Nachfolge-Einrichtung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft führt das Projekt mit der Uni Aachen durch. Bei dem Versuchsmais handele es sich nicht um die kürzlich verbotene Sorte MON 810, sondern um eine experimentelle Kreuzung anderer Sorten des Saatgutherstellers Monsanto. „Wir kreuzen zwei Linien miteinander: MON 89034 und MON 88017“, sagt Welling. Der Versuch soll klären wie sich der Mais im Vergleich mit genetisch unverändertem Mais verhält und wie er auf seine Umwelt wirkt.

„Mag sein, dass die öffentliche Akzeptanz für genveränderte Pflanzen in Deutschland gering ist, aber global ist diese Technik auf dem Vormarsch“, sagt Welling. Es sei wichtig, Sicherheitsforschung zu betreiben und die aktuelle Entwicklung im Auge zu behalten, begründet Welling das Projekt. Die Aktivisten fordern das Aus für genveränderten Mais in Deutschland – auch für die so genannte Sicherheitsforschung. Die Folgen von genetisch veränderten Pflanzen seien unabsehbar. Für diesen Samstag planen die Aktivisten zusätzlich eine Demonstration vor den Toren des Braunschweiger Instituts. „Wir sehen auch dieser Aktion gelassen entgegen“, sagt Welling. Die Aussaat des umstrittenen Versuchsmaises sei zudem erst Ende Mai geplant. „Das haben wir auch erst heute erfahren“ räumt Wenzl ein, doch die Genmais-Kritiker wollen bleiben bis der Versuchsanbau in Braunschweig eingestellt wird.

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