: Ruhrbania in Hysteria
Millionenprojekt „Ruhrbania“ wird zum Streitthema in Mülheim. Bürger sammeln Protestunterschriften, Verwaltung startet Postkartenkampagne
VON MARTIN TEIGELER
In Mülheim formiert sich Widerstand gegen das Großprojekt „Ruhrbania“. Unter diesem Titel plant Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) die Umstrukturierung der Stadtmitte. Kostenpunkt: 40 Millionen Euro. „Ruhrbania ist eine große Chance für Mülheim“, sagt Rathauschefin Mühlenfeld, die das Vorhaben bei ihrem erfolgreichen OB-Wahlkampf Anfang des Jahres ins Gespräch gebracht hatte. Während alle Ratsfraktionen Mühlenfelds Plan unterstützen, regt sich Protest in der Bevölkerung.
Mit „Ruhrbania“ wird sich das gesamte Mülheimer Stadtbild verändern. Straßenverläufe sollen verlegt, Gebäude abgerissen und die Ruhr als neuer Mittelpunkt der Aldi-Stadt definiert werden. Ein Bürgerbegehren „Pro Mülheim“ sammelte bereits 3.500 Unterschriften gegen den Teilabriss von Rathaus und Stadtbücherei und die Neuordnung der städtischen Verkehrsführung. Kritiker befürchten, „Ruhrbania“ werde das Verkehrschaos in Mülheim noch verschärfen.
Bisher gibt es zu den Plänen der Rathausspitze nur einen unverbindlichen Grundsatzbeschluss, doch der Mainstream der Mülheimer Parteien will das Projekt durchziehen. „Ruhrbania ist ein Sammelsurium sinnloser Stadtentwicklungsprojekte“, sagt Ralf Kurbach von „Pro Mülheim“. Eine bankrotte Stadt wie Mülheim dürfe nicht Millionen Planungskosten für ein Leuchtturmprojekt verpulvern. Kurbach fordert die Stadt auf, den am 15. Dezember beginnenden städtebaulichen Wettbewerb „Ruhrpromenade - Stadt ans Wasser“ auszusetzen. Zunächst müsse geklärt werden, ob die Investition im Zuge des Haushaltssicherungskonzepts überhaupt durchgeführt werden dürfe.
Für Stadtsprecher Volker Wiebels kein Problem: „Die Investitionssumme von 40 Millionen Euro wird zu rund 80 Prozent durch Fördergelder bestritten.“ OB Mühlenfeld will der „demagogischen Kampagne“ der „Ruhrbania“-Gegner mit einer Informationskampagne begegnen. 30.000 Postkarten sollen über das Projekt informieren und für neue Touristik-, Verkehrs- und Wohnangebote entlang der Mülheimer Ruhr werben. Doch die Reklame-Offensive der Stadt stockt, weil die erste Auflage der „Ruhrbania“-Postkarte wegen eines Druckfehlers eingestampft werden musste.
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