: Gute Zeiten!
Im neuen Jahr wird in Deutschland alles besser: Die Steuern sinken deutlich, die parlamentarische Demokratie wird durch reichlich Wahlgänge gestärkt, und Medikamente lassen sich endlich preiswert über das Internet beziehen
Gute Zeiten für Steuerzahler
Eine Erhöhung des Grundfreibetrags und niedrigere Steuersätze, kombiniert mit der vorgezogenen Steuerreform, bescheren den meisten BürgerInnen im kommenden Jahr Entlastungen beim Finanzamt.
Ledige mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 10.000 Euro sparen im Jahr 2004 im Vergleich zum Vorjahr 194 Euro an Steuern. Wer ledig ist und 40.000 Euro zu versteuern hat, der muss im nächsten Jahr 611 Euro weniger ans Finanzamt zahlen. Hochverdiener mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 100.000 Euro sparen 2.468 Euro. Ehepaare mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 20.000 Euro sparen 388 Euro. Verheiratete, die 60.000 Euro zu versteuern haben, müssen jährlich 918 Euro weniger zahlen. Gutverdiener mit 100.000 Euro sparen 1.546 Euro – und das Geld soll dann, bitte schön!, in den Konsum gesteckt werden, um die deutsche Wirtschaft anzukurbeln.
Gute Zeiten für Handwerker
Der Meisterzwang wird bei 53 Berufen abgeschafft. Steinmetze, Maler, Uhrmacher oder Schuhmacher etwa können künftig auch ohne Brief einen Betrieb leiten. Bei 41 Berufen ist der Meisterbrief weiterhin Pflicht – der Schornsteinfeger hat Pech gehabt. Gesellen können dort aber auch ohne Brief einen Betrieb führen, wenn sie zuvor sechs Jahre in dem Gewerbe, davon vier in leitender Stellung, tätig waren.
Gute Zeiten für Exschmuggler
Nach der Erweiterung der Europäischen Union fallen ab dem 1. Mai nächsten Jahres alle Zollverfahren nahtlos weg. Wer nach Polen, Tschechien, Zypern, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Slowenien oder in die Slowakische Republik reist, darf dann erheblich mehr als die bisher abgabefreien 200 Zigaretten und 2 Liter Wein ins heimatliche Deutschland mitbringen. Zwar wird noch darüber verhandelt, wo die Grenzen für die Übergangszeit genau liegen werden, sie dürften aber schon in die Nähe der in der alten EU üblichen Mengen von 800 Zigaretten und 90 Liter Wein reichen.
Gute Zeiten für Demokraten
Nach dem wahlarmen Jahr 2003 sind die Bürger 2004 wieder mehr gefragt. Insgesamt 14-mal dürfen die Deutschen ihre Parlamentarier bestimmen – bei einer Europawahl, fünf Landtagswahlen (Hamburg, Thüringen, Saarland, Brandenburg, Sachsen) und acht kommunalen Urnengängen.
Gute Zeiten für Tierfreunde
Verreisen wird für Hunde- oder Katzenliebhaber bald viel einfacher: Damit Haustiere leichter auf Urlaubsreisen innerhalb der EU mitgenommen werden können, wird es ab dem 3. Juli 2004 einen einheitlichen Reisepass für Vierbeiner geben. In dem Pass wird nachgewiesen, dass ein Tier gegen Tollwut geimpft ist. Das ist die einzige Bedingung, damit Haustiere in der EU auf Reisen gehen können. Strenge Regeln gelten im nächsten Jahr nur noch für Großbritannien, Irland und Schweden.
Gute Zeiten für Steuermuffel
Steuererklärungen werden endlich ein wenig einfacher. Das Steueränderungsgesetz sieht vor, dass Arbeitgeber ihre Lohnsteuerbescheinigungen auch elektronisch an die Finanzämter senden können. Arbeitnehmer können einen Abdruck davon als vereinfachte Steuererklärung nutzen.
Gute Zeiten für Pillenschlucker
Medikamente dürfen jetzt ganz legal beim Versandhandel bestellt werden: Das spart einen Teil der Rezeptgebühr und ist bequem. Bislang lieferte DocMorris aus den Niederlanden zwar auch schon günstige Pillen, aber erst jetzt gibt es das Gesetz – so dass der Markt sich in Deutschland noch entwickeln dürfte.
Gute Zeiten für manch Kranken
Jahrzehntelang lebten Krankenhausärzte und niedergelassene Ärzte auf verschiedenen Planeten. Für Kranke hieß das: Wer aus dem Krankenhaus entlassen wurde, musste einen niedergelassenen Arzt finden, der für die Nachsorge verantwortlich war. So gab es immer wieder alles zweifach: doppelte Röntgenaufnahmen, doppelte Untersuchungen und überhaupt viele Doppelungen zu Lasten der Patienten und Kassen. Die Gesundheitsreform hat nun erstmals – natürlich finanzielle – Anreize geschaffen, dass sich das Krankenhaus und die ambulante Versorgung verzahnen lassen. Vielleicht machen die Ärzte ja was draus!
Gute Zeiten für Frühstücksfans
Ökologisch Eier essen wird jetzt noch leichter gemacht: Ab dem 1. Januar wird jedes Ei mit einem Erzeugercode gestempelt. Das war bisher nur freiwillig. Ökobauern nutzten die Kennzeichnung, um sich vom Käfigei abzusetzen. 0 heißt Öko-Freilandhaltung, 1 Freiland ohne Bio. Die 2 steht für Bodenhaltung, die 3 für den Käfig. Das Kürzel De bedeutet: Das Ei kommt aus Deutschland, NL sind die Niederlande als Herkunftsland. Mit den weiteren Zahlen ist der Betrieb zu identifizieren.
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