piwik no script img

Franzi, lass dich nicht unterkriegen

Franziska van Almsick bewegt an Weihnachten ganz Berlin. Ausgerechnet zum Fest der Liebe verkündet unsere Lieblingsschwimmerin ihre Trennung von ihrem Lieblinghandballer Stefan Kretzschmar. Fünf Tipps für das Leben danach

Ach, Liebesleid, die Vöglein singen nicht mehr …

Franzi, Kopf hoch, deine Botenstoffe Noradrenalin und Dopamin helfen dir gerade, eine überlebenswichtige Reaktion von Säugetieren auf das Kappen von sozialen Banden durchzumachen. Tut zwar weh, und der Kretzsche ist auch ganz süß, wenn man auf Körper-Graffiti steht, aber alles normal, sagen zumindest Anthropologen. Ohne Liebeskummer keine Evolution! Seine entwürdigenden und lachhaften Erscheinungsformen sind jeweils Ausdruck eines primären Selbsterhaltungstriebs. Die Trennung, Franzi, gehört wohl zum ganzen Sportmedaillen-Verlieren-Zirkus dazu. Du bist, wie wir eigentlich stets befürchteten, Spielball der Hormone. Sie lösen suchtartige Reaktionen aus, vielleicht den Wunsch nach großer Öffentlichkeit am heiligen Feste, oder das heftige Verlangen, Kretzsche möge zurückbouncen und ihr beide wieder in Mitte-Kneipen hocken. Besser geht’s leider erst in der „Wutphase“. Erst die lässt wieder an was Wichtigeres denken. Zum Beispiel daran, wo man nach Athen sonst noch rumkraulen könnte und sich ganz im evolutionstechnischen Sinne wieder der Arterhaltung frönen ließe. Wenn’s aber heute ganz besonders wehtut: Unter www.liebeskummer.ch findest du 122.300 Einträge (Stand gestern, 17 Uhr) und ein aktuelles Forum: „Mein schrecklichstes Weihnachten“. AW

Unterhose verbrennen: Also, Frau van Almsick, wenn ich Ihre Homepage richtig lese, waren Sie es ja, die sich von Herrn Kretzschmar getrennt haben – aber weh tut das trotzdem, oder? „Ich kämpfe um unsere Liebe“, hatten Sie noch Ende 2003 gesagt. Auch Ihr Freund hatte damals noch versichert: „Es stimmt nicht, dass es jemals schlecht zwischen uns lief. Alles ist gut.“ Nun ist nichts mehr gut, und „Kretzsche“ wird wohl bald einen Tattoo-Laden aufsuchen, um Ihr Gesicht auf der Wade loszuwerden. Lob der Technik!

Natürlich, könnten Sie einwenden, geht mich das alles gar nichts an, aber wie das eben bei „Traumpaaren“ so ist, nimmt man dann doch Anteil, wenn eine so öffentlich geführte Beziehung zugrunde geht – wer auch immer dann eigentlich die Sache beendet hat (so leicht ist das ja meist nicht zu sagen). Was also tun bei Liebeskummer?

Weit davon entfernt, ein Experte darin zu sein, würde ich viel Arbeit empfehlen, gutes Essen, Orts- und Berufswechsel, Treffen mit Freundinnen (nur nicht mit solchen, die sich auch gerade getrennt haben) – und möglichst unverkrampftes Umgucken nach Alternativen. Ein Geheimtipp ist das Verbrennen von einer bei Ihnen vergessenen Unterhose des Exfreundes. Und zwar im Kreise von Freundinnen. Hat so was Voodoomäßiges. Kenne eine Frau, bei der das Wunder gewirkt haben soll. Nach einigen Jahren. GES

Endlich leben: Liebe Franzi, wer seine Trennung am „Fest der Liebe“ bekannt gibt, ist entweder sentimental oder durchtrieben. Wahrscheinlich sogar beides. Genau das lässt hoffen. In der Trauer steckt schon Wut, im Abschied Neuanfang, im öffentlichen Akt die Hoffnung auf künftige Privatheit.

Liebe Franzi, die Person, die Sie in den Monaten nach Athen gegeben haben, hat kein Mitleid erweckt, sondern beeindruckt. Sie haben geraucht, gefeiert, nachgeholt. Das schaffen nicht viele. (Gehörte Kretzsche dazu? Wie hat er die Niederlage verarbeitet, die ihm die Verletzung bei der Handball-WM von 2003 bedeutet hat? Anders? Schlechter? Womöglich gar nicht?) In solchen Grenzsituationen lernt man viel, über sich, mehr noch aber über den andern. Und manchmal entstehen da Risse, die können oder wollen nicht mehr gekittet werden. Aber das ist das Leben, und Sie, Franzi, scheinen es in vollen Zügen genießen zu wollen.

All das tröstet freilich nur wenig im Moment der Trennung. Auch nicht die vielen Ratschläge, die Sie nun bekommen: Schau auf dich selbst, finde Abstand, lass deinen Gefühlen freien Lauf, tob dich aus, lass dich nicht unterkriegen. Was auch immer die Freunde sagen, Franzi, denken Sie an den 24. Dezember: sentimental und durchtrieben – damit schafft man es bis Silvester und drüber hinaus. Wir hören von Ihnen? WERA

Nicht sterben: Ophelia liebt Hamlet. Er zeigt ihr die kalte Schulter. Daran geht sie zugrunde. Der junge Werther wiederum liebt Lotte. Er liebt sie vergebens. Nach einer letzten Aussprache mit ihr erschießt er sich und stirbt am Mittag des Heiligen Abends.

An Liebeskummer, an gebrochenem Herzen, sterben viele. Nicht nur in der Literatur. Es ist die häufigste Ursache für Selbstmord bei Jugendlichen in Deutschland. Einziger Trost: Wer einmal darunter gelitten und es überlebt hat, versteht die Literatur fortan besser. Das ist kein sentimentaler Schmarren, den sich große SchriftstellerInnen ausgedacht haben, das ist echt.

Jetzt hat es also Franziska van Almsick und ihren Handballer getroffen. Ganz wertherisch geben sie am Weihnachtsabend ihre Trennung bekannt. Es gibt zu denken. Hoffentlich kennen sie Goethes Bestseller nicht. Hoffentlich wissen sie nicht, dass neben Enttäuschung dort auch eine Pistole im Spiel war. Peng. Das ganze Leiden vorbei.

Ne, ihr Lieben, so einfach ist das nicht. Durch Liebeskummer müsst ihr durch. Reden hilft. Erzählt den Freunden von euerm Schmerz. Wenn die es nicht mehr hören können, macht eine Gesprächstherapie. Wenn das auch nicht mehr hilft, geht in eine Trennungsgruppe. Das ist das Beste. Ich weiß es aus Erfahrung. Denn je länger man mit Leidensgefährtinnen trauert, desto lustiger wird es. WS

Liebe an wegweisenden Orten: Kürzlich, liebe Franzi, so wurde berichtet, habest du noch gar lustig im schicken Prenzlauer Berg geschmaust. Mit Kretzsche, mit Pizza und jeder Menge Zigaretten. In diesem Lokal „Due Forni“ da unten an der Schönhauser Allee – da, wo jetzt alle hinrennen, um von allen gesehen zu werden – hast du es noch mal allen gezeigt, dein nachsportliches Glück. Wunderbar. So lässt es sich leben.

Nun aber, lässt du uns an Weihnachten verkündigen, der Ofen sei aus. Es sei vorbei. Mit Kretzsche. Na gut. Aber was ist mit den Zigaretten? Und was ist mit dem Ausgehen – in Prenzlauer Berg? Was ist mit deinem nachsportlich unsportlichen Glück? Das solltest du auf keinen Fall aufgeben. Denn du hast viel nachzuholen. Den vom Namen gerade bestens passenden Kellerclub „ruf mich nie wieder an“ hast du leider schon um Jahre verpasst. Auch für das „nicht beugen, sondern strecken“ kommst du zu spät. Aber das lecker Eis bei „Kauf dich glücklich“ gibt es noch, sogar in Winternächten. Und wenn der Ofen dann mal wieder brennt, schlepp ihn ins „Visite ma tente“, gar nicht weit vom „Due Forni“.

Und wenn dann wieder eine Trennung ansteht, dann führ deinen Typen zum abschließenden Gespräch in dieses kleine Café Choriner Ecke Zionskirch. Das heißt: „Lass uns einfach Freunde bleiben!“ Lass Orte sprechen! GA

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen