Hartzliche Zumutung: Leiser Protest
Es war nicht wirklich eine Besetzung, und ohrenbetäubend war das Pfeifkonzert gestern Vormittag vor der Arbeitsagentur Hamburg-Mitte auch nicht. Es spazierten einfach nur 150 Protestler in die Norderstraße, enthüllten ein paar Parolen und frühstückten. Revolutionen sehen anders aus. Kann gut sein, dass der eher stille Protest gegen den Start von Hartz IV auch damit zusammenhängt, dass die Menschen unter dem Eindruck der Bilder von der Flutkatastrophe in Südostasien stehen – und sich manche Probleme bei uns vor diesem Hintergrund zunächst relativieren.
Kommentarvon Markus Jox
Gleichwohl ist es frech, wenn just gut situierte Politiker wie Hamburgs Erster Bürgermeister ihre Trauerbekundungen über die Flut-Toten mit Anmerkungen darüber verknüpfen, wie dicke man es ja in Deutschland noch habe. Derlei wohlfeile Rhetorik ist eine Ohrfeige für jeden ALG II-Empfänger.
Was Hartz IV betrifft, ist sich die politische Klasse ausnahmsweise einig: Rot-Grün hat das Gesetz gemacht, die Union hat im Bundesrat zugestimmt – und die Hamburger CDU muss es hier und jetzt ausführen. Das erklärt, weshalb die stets gut geölten Presseverlautbarungsmaschinerien der Parteien gestern seltsam untätig blieben.
Dass die, die staatliche Hilfen beziehen, auch selbst gefordert sind, ist klar. Aber nur, so lange ihnen im Gegenzug und real geholfen wird. Darüber hinaus ist Hartz IV weder ein Jobwunder-Mittel, noch handelt es sich dabei um ein Füllhorn, aus dem sich Kommunen nach Belieben für irgendwelche Haushaltstitel bedienen können.
Hartz IV sollte ehrlicherweise so bezeichnet werden, wie es gedacht war: als Zumutung.
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