: Hilfe mit vielen Fragezeichen
Noch weiß die Bundesregierung nicht, woher die 500 Millionen Euro für die vom Tsunami verwüsteten Länder kommen sollen. Was dazuzählt, ist ebenfalls offen. Afrikahilfe bleibt verschont
AUS BERLIN UND GENF ASTRID GEISLER, ULRIKE WINKELMANN UND ANDREAS ZUMACH
Eines hat die Bundesregierung mittlerweile sehr deutlich gesagt: das Geld, das ins von der Flutkatastrophe betroffene Süd- und Südostasien fließen soll, wird nicht aus Afrika abgezogen. Damit begegneten Entwicklungsministerin Heidi Wieczorek-Zeul (SPD) und die Außen-Staatssekretärin Kerstin Müller (Grüne) immer wieder geäußerten Befürchtungen, die Asienhilfe schade der Afrikahilfe.
Die Bundesregierung will 500 Millionen Euro in den kommenden drei bis fünf Jahren zur Verfügung stellen. Dies ist der größte Posten unter den Hilfszusagen von insgesamt 1,5 Milliarden Euro, die von der EU und ihren Mitgliedstaaten kommen.
Ob allerdings das Geld, das Deutschland über ein Schuldenmoratorium (siehe Text unten) „gibt“, auf die 500 Millionen Euro angerechnet wird, ist weiter offen: „Das lässt sich nicht ausdifferenzieren“, sagte der Sprecher des Finanzministeriums.
Dazu, woher das Geld im Haushalt genommen wird, gibt es ebenfalls keine Ansage. Es werde dank „strenger Bewirtschaftungsregeln“ freigesetzt. Erst am Ende des Haushaltsjahres werde man „in Rückschau“ sehen, „woher das Geld gekommen ist“, sagte der Sprecher.
Das erste Zehntel der Bundessumme, also 50 Millionen Euro, wollen Auswärtiges Amt und Entwicklungsministerium als Soforthilfe im ersten Halbjahr 2005 zur Verfügung stellen. Insgesamt hat die UNO nach der Genfer Geberkonferenz für die Opfer der Flutkatastrophe verbindliche Zahlungsverpflichtungen von Regierungen in Höhe von 717 Millionen US-Dollar (546 Millionen Euro) beisammen, die bis Ende Januar bei der UNO eintreffen sollen. Das sind schon drei Viertel der letzte Woche in einem Spendenappell erbetenen 977 Millionen Dollar, die für die Soforthilfe erforderlich sind.
Der Koordinator für die humanitären Hilfsoperationen der UNO, Jan Egeland, war „sehr zuversichtlich“, dass bis Ende Januar auch noch verbindliche Zusagen für die restlichen 260 Millionen Dollar bei der UNO eintreffen werden. Egeland erhielt nach eigenen Angaben von der Konferenz auch „volle Unterstützung“ für das internetgestützte System zur zeitnahen und effektiven Kontrolle des Eingangs und der Verwendung von Hilfsgeldern, das „in den nächsten Wochen“ etabliert werden soll.
Wofür die Fluthilfe aus Deutschland im Einzelnen ausgegeben werden soll, dazu wollte sich Außenminister Joschka Fischer auch nach seiner Rückkehr aus dem Katastrophengebiet nicht äußern. Die Botschaften in der Region hätten den Auftrag, schnell geeignete Projekte zu benennen. In jedem Fall plädiere er dafür, „sehr projektbezogen“ vorzugehen, sagte Fischer. So könne man verhindern, dass das Geld bei den Falschen ankomme.
Fischer machte sich auch für die Idee von Bundeskanzler Gerhard Schröder stark, Fluthilfe-Partnerschaften ins Leben zu rufen. Diese könnten dazu beitragen, das empfundene „Gefühl der Solidarität“ vieler Deutscher zu den Betroffenen im Katastrophengebiet „auf Dauer zu stellen“, sagte Fischer.
Eine spezielle Fachgruppe im Auswärtigen Amt soll die Koordination der Partnerschaften leiten. Für interessierte Kommunen will die Bundesregierung eine zentrale Telefonnummer einrichten. Einzelheiten des Patenschaftskonzepts wollte der Bundeskanzler am Nachmittag mit Vertretern der Länder und Kommunen besprechen. Nach Ansicht beteiligter Fachleute können die ersten Städtepartnerschaften mit Gemeinden in der Katastrophenregion schon in 14 Tagen anlaufen.
Alles zusammengerechnet, belaufen sich die Versprechungen für Hilfsgelder, die von Regierungen, der EU sowie der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank gemacht wurden, bislang auf rund 4,7 Milliarden US-Dollar.
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