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kommentarDie Energiewende wird nur klappen, wenn fossile Quellen teurer sind

Die Grünen laufen sich langsam, aber strategisch geschickt für die Bundestagswahl 2006 warm. Bei ihrer Klausurtagung in Sachsen-Anhalt zurrten sie gestern eines ihrer zentralen Zukunftsthemen fest. „Weg vom Öl“ ist die Politstrategie der nächsten Jahre überschrieben, auf deren Grundlage eine ökologische Finanzreform bewerkstelligt werden soll. Das ist modern, das ist grün, dass ist gut so. Ist es aber auch ehrlich?

Das muss man den Grünen lassen: Ihrer Förderpolitik ist es zu verdanken, dass die Bundesrepublik heute weltweit anerkannter Vorreiter in Sachen regenerativer Energietechnologie ist. Sicherlich hat an dieser Erfolgsgeschichte auch die Regierung Kohl einen gehörigen Anteil – obwohl das destruktive Geschrei von der Oppossitionsbank das heute oft vergessen macht. Dennoch löste erst das grün inspirierte Erneuerbare-Energien-Gesetz den heutigen Nachfrageboom bei alternativer Energiegewinnung aus. Eine Politik des „Weg vom Öl“ kann nur funktionieren, wenn zuverlässige und wirtschaftlich konkurrenzfähige Alternativen zur Verfügung stehen. Die Grünen sind dabei, diesen Teil der Aufgabe mit Bravour zu lösen. Allerdings ist auch dem politischen Personal klar, dass Alternativen erst dann angenommen werden, wenn es einen Handlungsdruck gibt. Das gilt auf dem traditionell konservativen Energiesektor in besonderem Maße. Deshalb wurde einst die Ökosteuer eingeführt.

Die Grünen wähnen sich also auf Kurs. Wäre da nicht die jüngste Ökosteuer-Debatte, die genauso ausging wie die älteren Ökosteuer-Debatten. Anfang der Woche hatte Fraktionsvize Reinhard Loske laut über eine weitere Anhebung nachgedacht. Und wurde sofort zurückgepfiffen. Die Ökosteuer sei „ein erfolgreiches Konzept“, eine weitere Erhöhung sei aber nicht geplant, so das Machtwort von Parteichef Bütikofer.

Was denn nun, ihr Grünen? Dass gerade ihr den Weg „weg vom Öl“ auf die politische Agenda setzt, ist so erwartbar wie vorherbestimmt. Wirklich neu wären Denkansätze über ein ausgeklügeltes Instrumentarium, das diesem Weg als Weiser dient. Sicherlich: Solcherlei Debatten bringen manches Sandkorn ins politische Umfragegetriebe, das aktuell gerade 11 Prozent ausspuckt. Politische Ziele zu formulieren ist aber so lange wohlfeil, wie man nicht zugleich erklärt, wie diese zu erreichen sind. Tatsächlich grün, wirklich modern können deshalb nur die Instrumentarien sein. Die Ziele werden ohnehin von den Realitäten bestimmt. NICK REIMER

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