: Wortmann dreht am Revier
Regisseur Sönke Wortmann dreht einen Film für die Kulturhauptstadt-Bewerbung des Ruhrgebiets. Übernächste Woche soll das Projekt in Berlin vorgestellt werden. Kurz danach kommt die Jury
VON BORIS R. ROSENKRANZ
Seine Unterstützung hatte Regisseur Sönke Wortmann bereits im vergangenen Jahr angekündigt. Und nun ist es sicher: Wie die taz erfuhr, will Wortmann für die Bewerbung des Ruhrgebiets um den Titel Kulturhauptstadt Europas einen Film drehen. Im Sommer soll bereits ein dreiminütiger Clip aufgenommen werden, mit dem Essen für die Region Reklame machen will. Die Dreharbeiten zum Hauptfilm sind für Mitte 2006 anberaumt.
Die Bilder für seinen Streifen will Wortmann freilich an Rhein und Ruhr einfangen. In dieser Kulisse soll ein Tanzfilm entstehen, dem die berühmte „Beggar‘s Opera“ von John Gay zugrunde liegt, jener Stoff, aus dem Bert Brecht und Kurt Weill einst die „Dreigroschenoper“ schufen. Die Geschichte des Drehbuchautors Klaus Schreiber handelt von Intrigen und Korruption am untersten Rand der Gesellschaft: Als Jonathan Pietsch, Eigner der Firma „Bettler‘s Gesellschaft“, erfährt, dass seine Tochter Pauline den Spieler und Betrüger Mickie heiraten will, sieht er rot. Jonathan setzt alles daran, seinem Widersacher den Garaus zu machen: Er verbündet sich mit korrupten Polizisten, schickt Prostituierte ins Feld, auch einen Mord schließt er nicht aus.
Dass Tanz und Musik den Film prägen werden, hat auch symbolischen Charakter: Einerseits hat zeitgenössischer Tanz hierzulande eine lange Tradition. Andererseits soll das Leitmotto der Kulturhauptstadt-Bewerbung „Entdecken, Erleben, Bewegen“ auf diese Weise verbildlicht werden. Produziert wird der Streifen von der Berliner Viverde Media GmbH und Wortmanns Kölner Firma Little Shark, die auch schon für „Das Wunder von Bern“ verantwortlich war. Für die Tanzpassagen sind französische und niederländische Choreographen im Gespräch. Musikalisch hingegen soll wahrscheinlich ein deutscher Künstler engagiert werden: Max Herre, Kopf der Stuttgarter HipHop-Runde Freundeskreis.
Die Kultur-Verantwortlichen im Revier freuen sich indes, dass Wortmann mit im Boot sitzt. Bochums Kulturdezernent Hans-Georg Küppers, der von der Aktion bis gestern noch nichts wusste, findet es „prima“, dass der in Marl geborene Regisseur dem Ruhrgebiet zur Seite springt. Auch Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) scheint auf das Projekt zu setzen: Am 16. Februar will er es in Berlin vorstellen. Angeblich wird auch Wortmann vor Ort sein. Der Termin ist weise gewählt: Vier Tage später begutachtet eine Jury, was das Revier kulturell zu bieten hat, um später aus den zehn deutschen Bewerberstädten dem Bundesrat bis zu vier Städte zu empfehlen.
Wer letztlich mit dem begehrten Titel dekoriert wird, steht allerdings schon fest, bevor der Film überhaupt abgedreht ist. Nur den Clip wird das Auswärtige Amt noch zu sehen bekommen, bevor es im Spätsommer die oder den deutschen Bewerber der Europäischen Union bekannt geben wird. Dann flimmert der Clip über Kinoleinwände und auf öffentlichen Displays.
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