: Richter sagen Ja zum Salzabbau in Gorleben
Urteil des Lüneburger Gerichts: Die Gewinnung von Speisesalz und ein Atommüllendlager in Gorleben sind vereinbar. Der Grundbesitzer und die wendländische „Salinas“ können die Baugenehmigung für das Bergwerk beantragen
HANNOVER taz ■ Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat grünes Licht für die Gewinnung von Speisesalz aus dem als Atommüllendlager vorgesehenen Gorlebener Salzstock gegeben. In einem am Montagabend verkündeten Urteil gab das Gericht dem Atomkraftgegner und Grundbesitzer Andreas Graf Bernstorff Recht. Er will aus dem ihm gehörenden südwestlichen Teil des Salzstocks Rohstoffe gewinnen.
Die Verwaltungsrichter verurteilten das niedersächsische Landesbergamt dazu, die 1998 erteilte Rahmengenehmigung zum Salzabbau, den Rahmenbetriebsplan, bis 2008 zu verlängern. Gegen das Landesamt hatte Andreas Graf Bernstorff, der Eigentümer der Gorlebener Salzabbaurechte ist, geklagt. Ihn entbanden die Richter nun auch von der Pflicht, ein Gutachten vorzulegen, ob Salzförderung und Endlager miteinander vereinbar sind. Für Bernstorff heißt das: Er kann ohne Gutachten eine konkrete Baugenehmigung für ein Salzbergwerk beantragen.
„Im Salzstock Gorleben kann in unmittelbarer Nachbarschaft zum Erkundungsbergwerk für das atomare Endlager ein Bergwerk zur Salzgewinnung zugelassen werden“, entschieden die Lüneburger Verwaltungsrichter. Der von Graf Bernstorff in Zusammenarbeit mit der wendländischen Firma „Salinas“ geplante Rohstoffabbau im Südwesten gefährde „die Sicherheit des Erkundungsbergwerkes im nordöstlichen Teil des Salzstockes nicht“. Allein die Absicht des Bundes, möglicherweise auch den südwestlichen Teil des Salzstocks auf seine Tauglichkeit zum Atommüllendlager zu erkunden, reiche nicht, um die Salzgewinnung zu unterbinden.
Für das Südwestfeld des Salzstockes wolle sich der Bund „eine Option der Erkundung“ offen halten, so das Gericht. Bloße Planungen seien aber „nicht schutzwürdig“. Und eine Option auf Erkundung, deren Verwirklichung vollkommen offen sei, könne sich nicht gegen die Eigentumsrechte von Graf Bernstorff an dem Salz durchsetzen.
In seiner Urteilsbegründung verwies das Gericht auf das Moratorium, mit dem die Erkundung des Salzstockes vor fast fünf Jahren ausgesetzt wurde. Zudem sei eine Erkundung des südwestlichen Teils des Salzstockes auch aus Sicht des Bundes nicht mehr erforderlich – falls im Nordosten hinreichend große Salzpartien für die Endlagerung vorhanden seien.
Um eine Baugenehmigung für das Salzbergwerk zu beantragen, muss Graf Bernstorff laut Urteil noch die Auswirkungen auf die Umwelt beschreiben, einen Waldbrandschutzstreifen anlegen und eine wasserrechtliche Erlaubnis vorlegen. Zunächst solle jedoch die Rechtskraft des Urteils abgewartet werden, bevor der Graf die Baugenehmigung für das Bergwerk beantragten, sagte sein Rechtsanwalt, Nikolaus Piontek aus Hamburg.
Die Verwaltungsrichter ließen die Berufung gegen ihr Urteil beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg ausdrücklich zu. Außerdem will der Bund immer noch eine Veränderungssperre für den gesamten Salzstock erlassen. Diese würde alle Pläne zur Rohstoffgewinnung in Gorleben stoppen. Mit der Veränderungssperre auf Grundlage des Atomgesetzes, die Bundeskabinett und Bundesrat beschließen müssen, sei im Herbst zu rechnen, sagte Piontek. Das Urteil zeige aber: Der Bund könne sich „nicht durch die kalte Küche zum Endlager mogeln“. (Az.: VG Lüneburg 2 A 263/03) JÜRGEN VOGES
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