: Tiefer Spalt im Gentech-Gesetz
Noch haften Bauern, wenn ihr Genmais Schäden auslöst. Doch das könnte sich schon bald ändern
AUS BERLIN BEATE STRENGE
Das Gentechnikgesetz der rot-grünen Regierung ist erst seit einer Woche in Kraft – und droht schon wieder zu kippen. Das heißt: Die umstrittenen Regeln, das Bauern, die Genpflanzen aussäen auch für Schäden haften müssen, könnten gelockert werden. Auf dem Spiel steht auch, ob die Öffentlichkeit informiert wird, wo Genfelder liegen.
Grund: Agrarministerin Renate Künast (Grüne) hatte das Gentechnikgesetz ursprünglich als Ganzes geplant, als sich eine Blockade im Bundesrat abzeichnete, aber getrickst: Sie splittete das Gesetz in zwei Teile. Einer – Teil 1 – nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat, der andere – Teil 2 – aber schon. Letzterer geht jetzt in die Beratungen. Und womöglich knüpfen einige Länder ihre Zustimmung an Nachbesserungen in Teil 1.
Der zweite Teil des Gesetzes – er liegt der taz im Entwurf vor –regelt unter anderem, wie die Länder den Genanbau überwachen. Er ist wenig umstritten; Teil 1, der Haftungsfragen klärt, umso mehr. Die SPD-geführten Länder Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern kritisieren ihn als zu gentechnikfeindlich.
Laut Gesetz haftet bei ungewollter Einkreuzung in gentechnikfreie Felder der Gentechnikbauer für den Schaden. Lässt sich kein einzelner Verursacher finden, haften alle in Frage kommenden Gentechniklandwirte in der Umgebung. „Das ist nicht der Stein der Weisen. Das Risiko für die Bauern, die für Gentechnik aufgeschlossen sind, ist zu groß“, sagte der Sprecher des SPD-Landwirtschaftsministeriums in Schwerin, Kai Schmekel, der taz. Der Landwirtschaftsminister in Mainz, Hans-Artur Bauckhage (FDP), bemängelt dasselbe. Mit dem Gesetz verbaue sich Deutschland die Grundlagen „für die innovativen Technologien der grünen Gentechnik“.
Bei den unionsregierten Ländern ist ohnehin nicht mit Zustimmung zu rechnen. Sachsen-Anhalt droht sogar mit Klage gegen Teil 1 vor dem Bundesverfassungsgericht. Begründung: Das Gentechnikgesetz verstoße gegen die Berufsfreiheit und das Eigentumsrecht.
„Die Bundesregierung ist erpressbar“, befürchtet Heike Moldenhauer, Gentechnikexpertin des Umweltverbands BUND. Da Deutschland in der Umsetzung der EU-Freisetzungsrichtlinie weit im Hintertreffen sei, drohe ein Strafgeld aus Brüssel von 725.000 Euro pro Tag. Das Bundesagrarministerium gibt sich gelassen: Man habe der EU-Kommission gemeldet, dass der erste Teil in Kraft und der zweite Teil in Arbeit sei. „Die sehen, dass wir relativ weit sind. Wir rechnen nicht mit Strafgeld“, sagte eine Sprecherin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen