: Später Opferschutz
GERICHTSPROZESS Nazigegnerin muss doch nicht mit rechtsextremen Schlägern auf die Zeugenbank
Der Plan ging nicht auf. Wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sollte sich Frauke Krause (Name geändert) vor dem Amtsgericht Neustadt am Rügenberge verantworten. Die Anzeige hatten zwei Neonazis gestellt, die Krause ihrerseits attackiert hatten. Doch werde das Verfahren gegen Krause „nun nicht eröffnet“, sagt ihr Anwalt Sebastian Nickel.
Vor wenigen Wochen noch war Krause in heller Aufregung: Aus Gründen der „Verfahrensökonomie“ wollte die Richterin den Prozess gegen die Neonazis Marco S. und Markus W. mit dem Verfahren gegen Krause zusammenlegen (taz berichtete). „Mit Opferschutz hat das gar nicht zu tun“, so Krause damals.
Inwieweit das Nachfragen der Presse zu einem Umdenken bei Gericht geführt haben könnte, fragt sich Nickel. Erklärt die Richterin doch jetzt, dass das gesamte Verhalten der Beschuldigten im Sinne eines „rechtfertigenden Notstands“ zulässig gewesen sei.
Eigentlich hätten die Geschehnisse am Tag jener vermeintlichen Tat gleich zur Einstellung der Ermittlungen gegen sie führen müssen, findet Krause: Am Abend des 12. Juni 2008 hatte S., der wegen eines anderen Angriffs auf Krause derzeit in Haft ist, sie angerufen. Er drohte der Rettungssanitäterin, die bei ihren Eltern im niedersächsischen Wunstorf lebt, zu ihr nach Hause zu fahren. Krause warnte telefonisch ihre Mutter, die rief die Polizei. Krause fuhr zu ihren Eltern. Als sie in die Straße einbog sah sie W. und S. und zwei weitere Neonazis. Weil sie einen Angriff befürchtete, setzte Krause mit ihrem Wagen rückwärts in die Hofeinfahrt, W. und S. mussten ausweichen und gaben bei der Polizei an, sich gefährdet gefühlt zu haben.
1999 schlug S. in Eschede mit einem Kameraden einen Mann in dessen Wohnung zusammen. Der 44-Jährige starb nur Stunden später. Und genau heute muss S. sich wegen eines weiteren Übergriffes verantworten. AS
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