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Kompetenz auf dem flachen Land

Die Förderungspolitik in manchen Dörfern ging zu weit, sagen selbst die Fürsprecher der ländlichen Regionen. Stärken der Kleinstädte aber dürften nicht vernachlässigt werden

Nur einmal angenommen, Matthias Platzecks Pläne zur Neuordnung der brandenburgischen Landesplanung würden von der großen Koalition angenommen. Bis zum Sommer würde das Landesentwicklungsprogramm mit seinem Leitbild der dezentralen Konzentration zugunsten einer Förderung des „engeren Verflechtungsraums“ genannten Speckgürtels geändert. In einem Landesentwicklungsplan „zentrale Funktionen“ wird beschlossen, Schwedt die Funktionen als Oberzentrum abzuerkennen und stattdessen Eberswalde zum Oberzentrum auszubauen. „Dann würde Schwedt zwar nicht sein Theater verlieren, aber in Zukunft nie wieder eine solche Institution bekommen können“, sagt zu einem solchen Szenario die Planerin Ingeborg Beer.

Völlig aus der Luft gegriffen sind solche Überlegungen nicht mehr. Seit dem Urteil über den Landesentwicklungsplan Flughafen Schönefeld und der Platzeck-Forderung nach einer Konzentration der Fördermittel steht die gesamte Landesplanung in Brandenburg zur Disposition. Was aber geschieht mit den Regionen, aus denen sich die öffentliche Hand zurückzieht? Werden sie sich selbst überlassen? Wird die Stadt Schwedt die Förderung der Bioenergieproduktion und der Papierindustrie künftig aus der eigenen Schatulle bezahlen müssen?

Nein, beschwichtigt Platzeck und versichert, dass die Landesregierung weiterhin „Wertschöpfungsketten“ in Regionen wie Schwedt, Eisenhüttenstadt oder Schwarzheide unterstützen werde. Gleichwohl soll die Zahl der etwa 40 Förderschwerpunkte in berlinfernen Regionen drastisch reduziert werden.

Was außer Bildung diesen Regionen künftig an Angeboten gemacht werden soll, darauf blieb Platzeck die Antwort schuldig. Dass die Diskussion in diesen Randgebieten aber längst weiter ist, davon ist Peter Ebert vom Büro „Stadt und Dorf“ überzeugt. So hätten zum Beispiel Angermünde, Perleberg, Calau und Bad Liebenwerda je eigene Stärken herausgebildet, von denen auch die jeweilige Region profitiere.

„Angermünde ist zum Beispiel eine Stadt, die sich zum Zentrum der gesamten Region entwickelt hat“, sagt Ebert. Als Beispiele gelten das bürgerschaftliche Engagement, das in Angermünde besonders stark ist, oder der Rufbus. Dank dieser innovativen Idee wird im ländlichen Raum der öffentliche Nahverkehr mit Taxis bestritten.

Perleberg wiederum hat als Kreisstadt die Einbeziehung des landwirtschaftlichen Umfeldes vollzogen. Calau im Spreewald ist nicht nur touristisches Zentrum, sondern auch Kompetenzzentrum in Sachen Verwaltungsreform. Und Bad Liebenwerda hat sich in den letzten Jahren einen Namen als Kurstadt gemacht. „All das sind Strategieansätze, die man bei der Entwicklung der berlinfernen Regionen nicht vernachlässigen darf“, betont Ebert.

Anders als Matthias Platzeck will Brandenburgs Raumordnungsminister Frank Szymanski deshalb die weitere Entwicklung dieser Regionen nicht aus den Augen verlieren. In einem Gutachten, dessen Ergebnisse demnächst vorgestellt werden, hat sein Haus bereits die stabilisierende Funktion dieser Kleinstädte für die sie umgebenden Regionen untersuchen lassen. Mit anderen Worten: Überlässt man diese Städte sich selbst, droht auch der Zusammenbruch ganzer Landstriche. Mit Platzecks Bildungsversprechen allein dürfte sich also der drohende Zivilisationsbruch nicht aufhalten lassen.

Dass eine andere Förderpolitik nötig ist, wissen aber auch die Anwälte der ländlichen Regionen. „Wer hat sich nicht immer wieder ärgern müssen über Bushaltestellen, wo kein Bus fährt oder sieben Straßenlaternen in einem Dorf, in dem nur 16 Personen wohnen“, sagt Rainer Land vom Thünen-Institut für Regionalentwicklung. Kleine Cluster, in denen sich Produktionskomplexe konzentrieren, fänden sich aber nicht nur im Speckgürtel, sondern auch in der Region. Sie gezielt zu fördern ist für Rainer Land deshalb die entscheidende Frage und nicht, sie von jeglicher Förderung abzuschneiden.

UWE RADA

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