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Nie wieder Neuenfelde

Alles für den Standort: Im Auftrag der Wirtschaftsbehörde denkt ein Expertengremium über die Straffung von Planfeststellungen nach. Naturschützer sind besorgt

Gunnar Uldall hatte gut lachen. Bekam der CDU-Wirtschaftssenator doch den Abschlussbericht einer Kommission übergeben, die er Ende vergangenen Jahres eingesetzt hatte – mit der Absicht, verwaltungsrechtliche Auseinandersetzungen um Bauprojekte und Großinvestitionen künftig zu umgehen, kurz: um einen zweiten Fall Airbus-in-Neuenfelde vermeiden zu können.

„Politisches Handeln muss auf die Stärkung des Wirtschafts- und Industriestandortes Deutschland ausgerichtet sein“, heißt die Aufgabenstellung im Bericht selbst. Neuinvestitionen stünden „zeit- und kostenaufwendige öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren entgegen“, und das gelte es zu ändern.

Den Vorsitz hatte mit Schleswig-Holsteins Ex-Wirtschaftsminister Jürgen Westphal ein Jurist und verdienter Christdemokrat inne. Neben weiteren Fachleuten des öffentlichen und Verwaltungsrechts saßen die Vorstände von Beiersdorf und Norddeutscher Affinerie sowie der ehemalige Leiter der IG Metall Küste mit am Beratungstisch.

Zunächst empfiehlt die Kommission eine Verbesserung der Kommunikation zwischen den Vorhabensträgern – meist Unternehmen – und der Öffentlichkeit; nötigenfalls solle auch eine Mediation durchgeführt werden. Durch solche frühe Verständigung würden demnach diverse Einspruchsmöglichkeiten unnötig. Auch sollte die Durchführung eines Erörterungstermins allein im Ermessen der Behörde liegen und die Zahl der anzurufenden Gerichtsinstanzen auf eine begrenzt werden.

Gesetzesregelungen bedürften der Konkretisierung und – etwa im Falle von Hamburger Sonderwegen im Verwaltungs- oder auch Naturschutzrecht – Harmonisierung; etwaige Regelungen der EU dürften nicht übererfüllt werden. Obschon sich ihr Auftrag auf die Untersuchung von Planfeststellungsverfahren bezog, regt die Kommission aber an, ihre Vorschläge auch auf Nutzwert in anderen öffentlich-rechtlichen Verfahren zu prüfen, etwa die Genehmigung von Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.

Für die SPD-Fraktion begrüßte der Abgeordnete Jan Quast die Initiative. Er wies aber darauf hin, dass in einem Gemeinwesen neben den Interessen der Wirtschaft auch Stadtentwicklungs- und Umweltbelange angemessen zu berücksichtigen seien.

GAL-Umweltpolitiker Christian Maaß befand dagegen, die Vorschläge griffen einerseits zu kurz und wiesen andererseits in die falsche Richtung. So wäre etwa das Genehmigungsverfahren für die Airbus-Piste davon unberührt geblieben.

Vor dem Abbau von Beteiligungs- und Klagerechten warnte derweil der BUND. Die Naturschützer rügten den Kommissionsbericht als „sehr einseitig“ und auf die „Beschleunigungsforderungen der Wirtschaft abgestellt“. Alexander Diehl

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