piwik no script img

Sperren von Uferwegen kommt in Mode

ÖFFENTLICHER RAUM Auch am Groß Glienicker See haben Anwohner jetzt ein Stück Weg blockiert

Potsdam hat seinen zweiten Konflikt um einen Uferweg. Nachdem im April Anwohner einen Teil des Mauerwegs am Griebnitzsse absperrten und so für die Öffentlichkeit unzugänglich machten, errichteten am vergangenen Wochenende die Anwohner zweier Grundstücke am Groß Glienicker See Zäune an dessen südlichen Ende.

Im Gegensatz zum Griebnitzsee ist jedoch nicht ein Teil des Mauerwegs entlang des ehemaligen Grenzstreifens betroffen, sondern ein Trampelpfad, der vor allem von Spaziergängern genutzt wird. Ein rund anderthalb Meter hoher Jägerzaun, verstärkt durch eine dichte Hecke, versperrt hier den Durchgang und die Sicht. Daneben warnt ein Schild mit der Aufschrift „Betreten verboten“ davor, dem Pfad weiterzufolgen.

„Die Anwohner haben vom Griebnitzsee gelernt“, sagt eine Groß Glienickerin. Dass nun auch hier gesperrt werde, mache sie „betroffen“. Eine andere befürchtet, dass „das Beispiel Schule macht“ und als Nächstes der Mauerweg auf der westlichen Seite des Sees von Anwohnern unzugänglich gemacht wird.

Auch der Ortsvorsteher Peter Kaminski (Linkspartei) kritisiert die Sperrung: „Das sind Leute, die haben das Grundstück vor fünf, sechs oder zehn Jahren gekauft, und seit 1990 ist bekannt, dass da ein öffentlicher Uferweg hinkommt.“ Mit dem Bebauungsplan sei 1992 begonnen worden, vier Jahre später sei er fertiggewesen. „Außerdem sind bauliche Anlagen in einem Landschaftsschutzgebiet sowieso nicht zulässig“, erklärt Kaminski.

Allerdings seien die Handlungsmöglichkeiten der Stadt beschränkt. Derzeit werde geprüft, ob es Gründe gebe, eine Einstweilige Verfügung zuzulassen, so dass sofort geräumt werden könnte. Wahrscheinlicher sei allerdings ein deutlich langsamer Weg: Am Dienstag seien die Mitteilungen zur Anhörung an die Anwohner verschickt worden. „Sie haben dann vierzehn Tage Zeit, sich zu äußern“, erklärt Kaminski; dann folge eine Räumungsverfügung, gegen die binnen vier Wochen Widerspruch eingelegt werden könne. Wenn es zum Prozess komme, könne sich das Verfahren über Jahre hinziehen.

Andreas Menzel (Grüne) vom Ortsbeirat Groß Glienicke nahm den Konflikt zum Anlass, das Brandenburger Landesnaturschutzgesetz zu kritisieren. Mit dem Argument der Verwaltungsvereinfachung seien 2004 Regelungen, die einen öffentlichen Zugang zum Ufer festschrieben, gestrichen worden. Menzel forderte daher eine Novellierung des Gesetzes hin zu einem öffentlichen Zugang bei Uferwegen, wie es beispielsweise in Baden-Württemberg der Fall sei. S. BERGT, K. PEZZEI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen