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Zicken auf dem kurzen Dienstweg

Städtische Mitarbeiter werfen dem Gleichstellungsamt von Frauen und Männern vor, seinen gesetzlichen Auftrag nicht zu erfüllen. Ihr anonymer Brief liegt beim Kölner Oberbürgermeister

VON ISABEL FANNRICH

Die Arbeit der Kölner Gleichstellungsbeauftragten steht unter Beschuss. Städtische Beamte haben in einem fünfseitigen Brief, der der taz vorliegt, ihre Arbeitsweise als „zum Teil kontraproduktiv“ und „sogar diskriminierend“ bezeichnet. Allerdings wollten sich die Verfasser lediglich als „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Köln“ zu erkennen geben. Sie adressierten das Schreiben nicht an die Gleichstellungsbeauftragte Christine Kronenberg, sondern schickten es direkt an den Kölner Oberbürgermeister. Möglicherweise beabsichtigen sie, am Stuhl der Gleichstellungsbeauftragten zu sägen.

Kritikpunkte der städtischen Beschäftigten sind mangelhafte oder sogar unpassende Aktivitäten des Gleichstellungsamtes und eine teilweise frauendiskriminierende Sprache. Die stellvertretende Amtsleiterin, Petra Engel, zeigte sich überrascht. „Wir kennen diesen Brief nicht“, sagte sie. Sie wisse nicht, „welche Frauen“ dahinter steckten. Die Beamten begründeten die Anonymität mit „Erfahrungen in der Vergangenheit“.

Im Mittelpunkt ihrer Kritik steht die Jahresbilanz 2004 „Köln für Frauen – Frauen für Köln“, in der die Gleichstellungsbeauftragte über ihre Arbeit Rechenschaft gibt. Sie fühlten sich „durch die Aktivitäten dieses Amtes nicht vertreten“, schreiben die Verfasser und fordern OB Fritz Schramma (CDU) auf, diese kritisch zu prüfen, „damit Frauen aufgrund ihrer Qualifikation Anerkennung finden“.

Die Briefeschreiber wünschen sich vom Amt für Gleichstellung mehr Statistiken, etwa zu der Zahl der Fälle in der Stadtverwaltung, in denen „tatsächlich eine Gleichstellungsproblematik bestand“ oder zu der Häufigkeit von sexueller Belästigung. „Das würde den Rahmen sprengen“, widerspricht Engel. Die Zahl der Planstellen im Gleichstellungsamt sei von 10,5 auf 6,5 reduziert worden. „Zwar sollte das Controlling effektiver sein“, räumt sie ein, „je umfangreicher aber die Statistiken sind, desto mehr Zeit brauchen wir dafür.“

In einem wesentlichen Punkt haben die Kritiker Recht. Im Jahr 2004 war das Amt für Gleichstellung an 8.422 Personalmaßnahmen wie Arbeitszeitreduzierung oder Beurlaubung beteiligt. Laut Jahresbericht legte es aber nur gegen 21 dieser Maßnahmen Widerspruch ein, weil sie gegen die Gleichstellung verstießen. Diese geringe Zahl zeige doch, so die anonymen Beamten ironisch, „dass der Gedanke der Gleichstellung in unserer Stadtverwaltung gelebt wird“. „Es kann natürlich sein, dass uns etwas durchfluppt“, räumt Engel ein.

Merkwürdig ist dagegen, dass kein höheres Engagement der Gleichstellungsbeauftragten bei der Beförderung von Frauen gefordert wird. Legt doch der Jahresbericht offen, dass Frauen – trotz Frauenförderplans– nur zu 37,6 Prozent im höheren Dienst vertreten sind und nur acht Prozent der Ämter leiten. Ein Zustand, den der zweite Frauenförderplan bis 2006 verändern soll.

In anderen Fällen haben sich die anonymen Schreiber wohl nicht ausreichend informiert. Etwa wenn sie dem Gleichstellungsamt den Titel eines Workshops vom vergangenen Jahr anlasten: „Mädchen heute – lustvoll, schlank und selbstbestimmt?“, das sei frauendiskriminierend. Aber: Nicht das Gleichstellungsamt hatte hier seine Finger im Spiel, sondern das „Mädchenhaus Köln“, das bulimische Mädchen berät. An anderer Stelle scheint es, als kennten sich die Kritiker mit der Arbeitsweise des Amtes nicht aus und bezweifeln, ob hier angestellte Sozialarbeiter die Qualifikation hätten, Frauen in Notsituationen „fachlich fundiert“ zu beraten. Das Amt berät diese Frauen nur in den wenigsten Fällen, sondern vermittelt ihnen die passende Beratungsstelle in Köln.

Wenn sich die Kritiker über die Förderung von Frauen-Netzwerken aufregen („Was ist am Frauenklüngel besser als an dem verachteten Männerklüngel?“) oder über ein Seminarangebot zur Brustuntersuchung, dann übersähen sie, so Petra Engel, das große Interesse von Frauen daran. Mit einer Stelle für „Frau und Gesundheit“ widme sich ihr Amt den geschlechtsspezifischen Aspekten von Krankheit und Gesundheit.

„Wo bleibt da die Gesundheit der Männer?“, wollen die namenlosen Kritiker wissen und stellen fest, dass im Jahresbericht „leider die Belange der Männer im Rahmen des gesetzlichen Auftrags der Gleichstellung von Männern und Frauen nicht erwähnt und somit unberücksichtigt blieben, es sei denn, man unterstellt, deren Bedürfnisse sind erfüllt“. Eine „ordnungsgemäße Berichterstattung im Sinne des gesetzlichen Auftrags“ liege demnach nicht vor. Ob das der Versuch ist, einen Personalwechsel im Gleichstellungsamt herbei zu führen, und ob vielleicht doch nur Männer und eine Strohfrau hinter dem Brief stecken, darüber lässt sich nur spekulieren.

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