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„Nicht für die Ewigkeit“

Führung über den jüdischen Friedhof in Ohlsdorf

Hanno Plass

■ 31, Historiker mit Schwerpunkt Jüdische Geschichte, promoviert derzeit über südafrikanische Juden im Exil.

taz: Herr Plass, warum ist der jüdische Friedhof Ilandkoppel ein besonderer?

Hanno Plass: Einerseits, weil er als einziger jüdischer Friedhof Hamburgs noch benutzt wird. Andererseits, weil er einen alten und einen neuen Teil hat.

Warum?

Weil unter den Nazis andere jüdische Friedhöfe in Hamburg – etwa der am Grindel – zwangsgeräumt oder verkleinert wurden und man infolgedessen Grabsteine und teils auch Gebeine von dort auf die Ilandkoppel brachte. Die Ilandkoppel wurde zwar erst Ende des 19. Jahrhunderts angelegt, beherbergt deshalb aber auch Steine aus dem 16. und 17. Jahrhundert – etwa vom Friedhof in der Königstraße. Zudem gibt es ein gesondertes Gelände, auf dem orthodoxe Juden begraben sind.

Warum?

Weil der Ilandfriedhof nicht, wie die älteren Friedhöfe, für die Ewigkeit angelegt ist, also niemals geräumt oder überbaut werden darf. Und als 1923 der – auf ewig angelegte – jüdische Friedhof in Langenfelde geschlossen wurde, weil er belegt war, haben die orthodoxen Juden ein an die Ilandkoppel angrenzendes Grundstück gekauft, wo sie sich begraben ließen.

Auf der Ilandkoppel finden sich auch Kriegsgräber.

Ja, dort sind 80 deutsche jüdische Soldaten begraben, die während des Ersten Weltkriegs starben. Diese Gräber wurden während der Weimarer Republik als repräsentatives Feld angelegt, um die Verbundenheit mit dem „deutschen Vaterland“ zu demonstrieren und um zu würdigen, dass das Kaiserreich den deutschen Juden erstmals staatsbürgerliche Gleichheit verschafft hatte.  INTERVIEW: PS

Sonntag, 11–12.30 Uhr sowie jeden 1. Sonntag im Monat. Treffpunkt: U/S-Bahn-Station Ohlsdorf, Ausgang Ohlsdorfer Friedhof

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