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Gelber Wahlklassenkampf

Gewerkschafts-Bashing soll FDP-Kampagne aufmotzen

1. Mai. Die Sonne scheint. Der Klassenkampf geht los. Junge Liberale und Gewerkschafter geraten bei einer Kundgebung zum Tag der Arbeit aneinander. In Wuppertal soll ein DGB-Mann einen JuLi angegriffen haben. Ein Scharmützel, das zum aktuellen Wahlkampf-Vorstoß des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle („Die Gewerkschaftsfunktionäre sind die wahre Plage“) passt. Kurz vor der Landtagswahl – die FDP dümpelt in Umfragen nur ein, zwei Punkte über der 5-Prozent-Hürde – arbeiten sich die Liberalen im Wahlklassenkampf an den Tradeunionisten ab. Eine Antwort auf die Kapitalismuskritik von Franz Müntefering? Frei nach dem Motto: Haust Du meinen Kapitalisten, kriegt Dein Gewerkschaftsheini Saures?

Der angebliche Tathergang lässt sich schwer rekonstruieren: Der bergische DGB-Vorsitzende Hans Peters soll während der Maikundgebung in Wuppertal gegenüber dem JuLi-Landesvorsitzenden Marcel Hafke körperlich geworden sein. Eine 15-köpfige FDP-Truppe hätte die Veranstaltung friedlich von den Stufen des Wuppertaler Schauspielhauses aus verfolgt und Plakate mit der Aufschrift „Liberaler ist sozialer“ hochgehalten, berichtet Hafke. Funktionsträger Peters habe den Arm Hafkes ergriffen, den JuLi „lautstark“ angeschrien und ihn „gewaltsam“ von der Treppe gestoßen, so die Version der JuLis. Hafke – der unverletzt blieb – ist entsetzt: „Anscheinend kann Peters einer friedlichen Kundgebung nicht mit Argumenten, sondern nur mit körperlicher Gewalt entgegen treten.“ Gewerkschafter Peters dementiert die Tätlichkeit: „Dieses Grüppchen ärgert sich offensichtlich, weil wir Gewerkschaftsgegner mit Platzverboten belegen.“ Der 1. Mai sei der Tag der Gewerkschaftsbewegung, und nicht derer, die „uns zerschlagen wollen“, so Peters. Eine Kundgebung mit 1.700 Teilnehmern lasse man sich nicht kaputt machen.

Doch die nordrhein-westfälische FDP kriegt sich gar nicht mehr ein, weil der böse böse DGB Hand an einen Liberalen angelegt haben soll. Selbst NRW-FDP-Generalsekretär Christian Lindner äußerte sich zu dem vermeintlichen Vorfall und forderte ernsthaft eine Entschuldigung. „Bei einem Restfunken Anstand würde der DGB sich bei Herrn Hafke umgehend entschuldigen“, so Lindner. Mit neuen Attacken gegen die Gewerkschafter dürfen wir morgen rechnen. Dann referiert der junge Parteimanager zum Thema: „Rolle und Macht der Gewerkschaften in NRW.“ MARTIN TEIGELER

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