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Frauenmusikzentrum hilft sich selbst

IMMOBILIEN Zum 25-jährigen Jubiläum kam die Kündigung der Ottenser Proberäume. Um sie zu halten, will eine Stiftung das Gebäude kaufen. Außerdem wollen die Frauen eine Genossenschaft gründen

Die Frauen blieben gern in einem belebten Viertel, anstatt an den Stadtrand zu ziehen

„Hier können sich junge Musikerinnen austoben, ohne dass ihnen irgendwelche Herren sagen, wo man den Verstärker einstöpselt.“ Geschäftsführerin Maria Pallasch ist auch zum 25-jährigen Jubiläum überzeugt, dass das Hamburger Frauenmusikzentrum gebraucht wird.

Der Erfolg gibt ihr recht: 30 Prozent Umsatzsteigerung hat das Zentrum allein im Jahr 2011 erreicht; errechnet wird das aufgrund gestaffelter Beiträge, die die Vereinsmitglieder dafür zahlen, dass sie in einem der fünf Proberäume üben können.

Insgesamt 100 aktive Musikerinnen nutzen das Ottenser Zentrum – zurzeit vor allem 25- bis 35-jährige Absolventinnen der Pop-Akademie, die nach Studienabschluss neue Übungsräume suchen. Und die bietet das auf 220 Quadratmetern residierende Zentrum, das vor wenigen Jahren renoviert wurde und eine neue Schall-Isolierung bekam.

Drei Teilstellen – neben Pallasch sind zwei Kolleginnen für Finanzen und Technik zuständig – unterhält das Zentrum. 20.000 Euro gibt die Kulturbehörde im Jahr, weitere 50.000 Euro erwirtschaftet das Zentrum selbst. Und auch Vermieter Alexander Milz habe das Projekt stets unterstützt und zum Beispiel in jene Schall-Isolierung investiert, sagt Pallasch. Aber jetzt müsse er aus privaten Gründen verkaufen und habe die Räume zum 31. 3. 2013 gekündigt. „Das ist eine fristgerechte Kündigung gewerblicher Räume“, sagt Pallasch, und die nehme man nicht übel.

Trotzdem blieben die Frauen gern in einem belebten Viertel, anstatt in düstere Gegenden am Stadtrand zu ziehen – und noch lieber bliebe man gleich im Haus. „Uns war aber klar, dass wir es nicht selbst kaufen können“, sagt Pallasch. „Also haben wir einen Investor gesucht.“

Tatsächlich meldete sich eine Hamburger Stiftung, die das Gebäude kaufen will – unter zwei Bedingungen: eine gelinde Mieterhöhung und eine Reduktion des Verkaufspreises. Zudem soll das Zentrum 190.000 Euro zum Kaufpreis beisteuern. Woher nehmen? Man überlegte und beschloss vorige Woche, eine Genossenschaft zu gründen. „Das wollen wir in den kommenden Monaten tun und dann möglichst schnell die Anteile unter die Leute bringen“, sagt Pallasch.

Vermieter Milz habe bereits signalisiert, „dass er uns diese Zeit geben will. Ob er auch im Kaufpreis heruntergeht, wird er uns nächste Woche mitteilen“, sagt sie. Milz war bis zum Redaktionsschluss am Mittwoch nicht erreichbar. Pallasch aber sagt, sie sei optimistisch.

Und für den Fall, dass man sich doch nicht einige, habe das Zentrum bereits Kontakt mit der Hamburger Kreativgesellschaft aufgenommen, die Künstlern private und städtische Immobilien vermittelt. Deren Chef Egbert Rühl, der am Mittwoch gleichfalls nicht zu sprechen war, habe signalisiert, dass man im Zweifel eine gute Lösung in der Nähe finden werde. PS

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