Krieg in der Ukraine: Biden erlaubt offenbar Angriffe mit US-Langstreckenwaffen
Medienberichten zufolge haben die USA der Ukraine den Einsatz von Raketen mit großer Reichweite gegen Ziele in Russland gestattet. Präsident Selenskyj möchte dies „nicht mit Worten kommentieren“.
Die Entscheidung aus Washington kommt weniger als zwei Wochen nach dem Wahlsieg von Ex-US-Präsident Donald Trump. Der Republikaner hatte während des Präsidentschaftswahlkampfs versprochen, dass er den Krieg in der Ukraine schnell beenden wolle. Er hatte zudem die weitere militärische Unterstützung der Ukraine während seiner kommenden Amtszeit infrage gestellt. Trump selbst hat die Medienberichte über die Aufhebung der Restriktion bislang noch nicht kommentiert.
Das Weiße Haus wollte sich auf Nachfrage der taz ebenfalls nicht zu den Medienberichten äußeren. Die New York Times, die zuerst über die Freigabe berichtet hatte, bezieht sich auf anonyme Aussagen aus Regierungskreisen.
Bislang keine Stellungnahme Bidens
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der seit Monaten zusammen mit anderen Alliierten auf die Freigabe der USA gedrängt hatte, äußerte sich in seiner abendlichen Ansprache zu den Berichten.
„Heute sprechen viele Medien davon, dass wir die Erlaubnis erhalten haben, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Aber wir werden diese Maßnahmen nicht mit Worten kommentieren. Solche Dinge werden nicht angekündigt. Die Raketen werden für sich selbst sprechen“, sagte Selenskyj.
Biden, der am Sonntag als erster im Amt befindlicher US-Präsident den Amazonas-Regenwald besuchte, hat bislang keine offizielle Stellung zu den Meldungen bezogen. Der Abstecher in den Regenwald war Teil von Bidens Reise zum G20-Gipfel, der am Montag und Dienstag in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro abgehalten wird.
Es ist bereits das zweite Mal, dass die Biden-Regierung ihre Meinung zum Einsatz von US-Waffensystemen auf russischem Gebiet geändert hat. Die erste Lockerung gab es im Mai, nachdem Russland die zweitgrößte Stadt der Ukraine, Charkiw, angegriffen hatte. Das Waffensystem, das zur damaligen Zeit von amerikanischer Seite freigegeben wurde, hat eine Reichweite von 80 Kilometern.
Sorge vor Eskalation
Mit der neuen Befugnis für den Einsatz der Raketen wird die Reichweite fast vervierfacht, auf gut 300 Kilometer. Der Kurswechsel wird nicht nur als Reaktion auf Trumps Wahlsieg verstanden, sondern auch als Botschaft an Russlands Präsident Wladimir Putin nach dessen jüngster Entscheidung, Truppen aus Nordkorea zur Verstärkung im Konflikt einzusetzen.
Die von den USA auferlegten Limitierungen über den Einsatz der Waffensysteme haben in den vergangenen Monaten innerhalb der Nato für Spannungen gesorgt. Dass die US-Regierung erst jetzt ihre Zustimmung erteilt, liegt an den Bedenken, dass ein Einsatz der Raketen auf Ziele innerhalb Russlands zu einer weiteren Eskalation des Kriegs führen könnte.
Die Expertenmeinungen gehen hierbei auseinander. Manche sagen, dass diese Sorgen durchaus berechtigt seien. Wiederum andere halten Putins Aussagen über eine mögliche Ausweitung des Kriegs für leere Drohungen. Putin hat in der Vergangenheit immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht, sollte der Westen es der Ukraine erlauben, Russland anzugreifen. In den vergangenen Tagen hatte Russland seine Angriffe auf die Ukraine verstärkt.
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