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Erstes AfD-Stadtoberhaupt in BrandenburgBürgermeister von Jüterbog tritt in AfD ein

Jüterbogs Bürgermeister Arne Raue ist schon länger als rassistisch und AfD-nah bekannt. Sein Eintritt passt gut in die Strategie der Partei.

Rechter Haudrauf und AfD-Überläufer: Arne Raue Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | Nun ist es endlich offiziell: Wie frisch verliebt lächelt Jüterbogs Bürgermeister Arne Raue in die Kamera, während er einer grinsenden Alice Weidel die Hand schüttelt und Brandenburgs AfD-Landesvorsitzender René Springer seine Hand auf Raues Schulter legt. Der bisher parteilose Lokalpolitiker ist in die AfD eingetreten und damit der erste hauptamtliche Bürgermeister der extrem rechten Partei in Brandenburg – ein Coup, den sie genüsslich ausschlachtet.

Überraschend ist die politische Liebeshochzeit indes nicht: Arne Raue sprach bereits als parteiloser Bürgermeister der 13.000-Einwohner-Stadt in Südbrandenburg Grußworte auf AfD-Parteitagen. Pathos durfte nicht fehlen: „Die blaue Farbe ist für mich hier schon ein gewohntes Bild, mein Herz schlägt dabei voller Freude.“ Nun ja, in diesem Fall schlägt sein Herz eher braun und für eine autoritär-nationalradikale Partei, die in Brandenburg besonders radikal ist. „Wer seine Familie und seine Heimat liebt, muss sich automatisch zur AfD hingezogen fühlen“, sagte Raue anlässlich seines Eintritts.

In der AfD begrüßt man ihn mit Handkuss: Die Partei verfolgt seit Längerem die Strategie, über eine Normalisierung im Kommunalen aus der politischen Isolation zu finden. Im letzten Jahr hat sie im thüringischen Landkreis Sonneberg erstmals ein Landratsamt gewonnen. Ihren ersten Bürgermeister deutschlandweit stellt sie seit 2023 in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt. Ebenso gibt es bereits einen Oberbürgermeister auf dem AfD-Ticket im sächsischen Pirna. Vor Ort lässt sich die Radikalität der Partei durch vermeintlich „unpolitische“ Entscheidungen und die lebensweltliche Nähe im Kommunalen kaschieren.

Bei Arne Raue funktioniert das allerdings in zwei Richtungen: Einerseits trat der 54-Jährige als in Brandenburg verwurzelter dreifacher Familienvater, in der DDR gelernter Baufacharbeiter und Verwaltungswirt nicht nur bei Festen der freiwilligen Feuerwehr in Erscheinung oder sammelte als Kampfsportler beim lokalen Boxclub Beliebtheitspunkte. Er teilt darüber hinaus auch als demagogischer Rechtsausleger ideologisch aus, denn Raue hat schon als Amtsträger länger extrem rechte Positionen auf Coronademos, Facebook und im Stadtrat normalisiert.

Bis 2027 gewählter Bürgermeister

Gewählt ist Raue bis 2027. 2019 hatte er sich mit 56,4 Prozent im ersten Wahlgang gegen drei Konkurrenten durchgesetzt. Als Raue zur Landtagswahl als parteiloser Kandidat antrat, überließ ihm die AfD den Wahlkreis in der Hoffnung, der SPD so ein Direktmandat abzuluchsen – denn ein Eintritt Raues in die AfD-Fraktion war da angesichts dauerhafter Flirts schon fast ausgemacht. In den Landtag schaffte Raue es allerdings nicht, hier unterlag er deutlich dem SPD-Kandidaten. In Jüterbog ist er seit 2011 Bürgermeister, zuvor war er Beamter im Landesinnenministerium und arbeitete auch bei der Landespolizei Brandenburg.

Romantisch ist an alledem wenig: In der Region ist Raue als verschwörungsideologischer Rassist bekannt, wegen flüchtlingsfeindlicher Posts, aber auch wegen seines Auftritts bei Coronaprotesten in Jüterbog, wo er 2022 vor dem Banner der NPD-Jugendorganisation JN auftrat. Gut vernetzt ist er schon länger mit AfD-Politikern wie dem Spitzenkandidaten Hans-Christoph Berndt, die beide beim „Jüterboger Bürgerstammtisch“ auftraten – einem neurechten Vernetzungstreffen. Auf Demonstrationen und in den sozialen Medien schimpfte Raue über die „Systemkirche“; die Bundesregierung nannte er im Wahlkampf „willfährige Marionetten“ mit Blick auf deren Unterstützung der Ukraine.

Überhaupt: Die große Weltpolitik ist ein Lieblingsthema des Kleinstadt-Bürgermeisters. Wohl auch deswegen hat Raue auf seinen Wohnwagen einen Trump-Sticker geklebt und posiert auf Facebook öfter in Trump-Shirts mit verschiedenen Motiven: Ob nun vom gescheiterten Attentat mit blutendem Ohr oder mit einem Bild von „The Donald“ im Comic-Tarantino-Style mit zwei Pistolen im Anschlag und dem Slogan „Donald loves you“– Mäßigungs- und Neutralitätsgebot Fehlanzeige.

Diesen Stil setzte er übrigens direkt nach Bekanntgabe seiner Aufnahme in die AfD ungebrochen fort: Auf Facebook hetzte er als Erstes gegen das „Neuankömmlingsheim“ in Jüterbog und mokierte sich darüber, dass „eingebürgerte Mitbürger“ einmal im Monat umsonst Essen im Kreishaus bekämen.

Gekniffen sind mit seinem Eintritt in die AfD nun neben all jenen, die nicht in das Weltbild der AfD passen, wohl auch diejenigen, die in Jüterbog 2019 einen parteilosen Bürgermeister gewählt haben – und nun stattdessen einen AfD-Bürgermeister durch die Hintertür bekommen haben.

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6 Kommentare

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  • "...die in Jüterbog 2019 einen parteilosen Bürgermeister gewählt haben – und nun stattdessen einen AfD-Bürgermeister durch die Hintertür bekommen haben."

    Ist das denn so wichtig, ob der Rassist nun parteilos ist oder AfD-Gänger? Die Wähler wollten ihn 2019 und ich schätze mal, sie werden ihn auch 2027 wieder wollen.

  • Wie sind denn die Voraussetzungen für eine Abwahl.

  • "zuvor war er Beamter im Landesinnenministerium und arbeitete auch bei der Landespolizei Brandenburg."

    Vielleicht sollte man den Satz noch einmal hervorgehoben in den Kommentaren bestaunen dürfen. Denn wer hätte denn so etwas gedacht? Wahrscheinlich nur Linksextreme und Chaoten

  • "Wohl auch deswegen hat Raue auf seinen Wohnwagen einen Trump-Sticker geklebt und posiert auf Facebook öfter in Trump-Shirts mit verschiedenen Motiven"

    So ist das mit der - angeblichen - Vaterlandsliebe des äußersten rechten Randes. Ein Präsident Trump ist - definitiv und ohne jeden Zweifel - schlecht für Deutschland. Aber der Mann hat nach Meinung dieser Leute die richtige Ideologie. Und das ist denen wesentlich wichtiger als ein Wohlergehen D's.

    Selbstentlarvung@itsbest nenne ich das

  • Klassisches AfD-Gesicht.



    Sehen alle irgendwie ähnlich aus.

    • @Rolf Mach:

      Jemanden wegen seines Aussehens zu verurteilen, ist unterste Schublade!