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Bundestagshaushalt nach Ampel-AusWelches Geld fließt weiter?

Das Ende der Ampel betrifft auch die Staatsfinanzen und den nicht beschlossenen Bundeshaushalt 2025 – etwa die Ukraine-Hilfe oder Steuersenkungen.

Haushaltshilfe: Wird Unionschef Merz bereit sein, die Finanzierung mancher Projekte mitzutragen? Foto: Liesa Johannssen/reuters

Berlin taz | Die Probleme – Stagnation der Wirtschaft, russischer Angriff auf die Ukraine – sind nicht verschwunden, nur weil die Ampel abgeschaltet wurde. Im Gegenteil: Wegen der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten bedürfen die hiesigen Unternehmen womöglich zusätzlicher Unterstützung. Wie geht es deshalb weiter mit den Staatsfinanzen und dem noch nicht beschlossenen Bundeshaushalt für 2025?

Der Haushalt für das laufende Jahr ist in Kraft, bis Jahresende können die rot-grüne Rumpfregierung und ihre Ministerien die bereits beschlossenen Vorhaben in vollem Umfang weiterbetreiben. Sollte Geld fehlen, kann dies der neue Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) genehmigen und in bestimmtem Umfang auch mit Extrakrediten finanzieren.

Für das kommende Jahr ab Januar 2025 aber existiert bislang kein abgestimmter Haushaltsplan. Den wollten die Ampelfraktionen im Bundestag eigentlich am 15. November abschließend beraten. Daraus wird wohl nichts. Grundsätzlich wäre es zwar möglich, dass die FDP-Fraktion im Bundestag zusammen mit SPD und Grünen ein Budget für 2025 beschließt, obwohl die Liberalen nicht mehr Teil der Regierung sind.

Damit würden sich die FDP-Abgeordneten allerdings gegen ihre Parteiführung unter dem entlassenen Finanzminister Christian Lindner stellen. Unwahrscheinlich, dass sie und ihre Fraktionsführung das tun. Ebenso wenig wird die Union bereit sein, mit der rot-grünen Minderheitsregierung einen Haushalt für das nächste Jahr auszuhandeln. Denn dabei würden CDU/CSU weniger durchsetzen, als wenn sie mit Mehrheit nach der Bundestagswahl selbst regierten. So dürfte der Haushalt 2025 vermutlich erst Mitte kommenden Jahres fertig werden – nach der Bundestagswahl, der Regierungsbildung und einem neuen Koalitionsvertrag.

Vorläufige Haushaltsführung

Trotzdem bricht ab Januar 2025 nicht alles zusammen. Denn ohne Haushalt kann und muss die rot-grüne Minderheitsregierung auf eine vorläufige Haushaltsführung zurückgreifen. „Dieses Verfahren kommt oft zum Zug“, sagt Désirée Christofzik, Professorin für Finanzwissenschaft an der Uni Speyer. „Findet die Bundestagswahl beispielsweise im September statt, dauert die vorläufige Haushaltsführung in der Regel bis zum kommenden Sommer.“

Scholz hofft, schnell zusätzliches Geld für die Ukraine lockerzumachen

Basierend auf Artikel 111 des Grundgesetzes dürfen die alte Regierung und die Ministerien Geld ausgeben, um etwa „gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen“ und „die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen“.

Milliardensummen, die großen Teilen des Vorjahresbudgets entsprechen, fließen weiter, beispielsweise für die Gehälter der Beam­t:in­nen, für Sozialleistungen, Baumaßnahmen, Förderprogramme und Investitionen. „Neue Maßnahmen, die zusätzliche Ausgaben nach sich ziehen, sind im Jahr ohne beschlossenen Haushalt aber nur ausnahmsweise möglich“, erklärt Christofzik.

Werden nun also all die dringlichen Entscheidungen bis Juli oder August 2025 verschoben – Maßnahmen gegen die wirtschaftliche Stagnation, Waffen und Geld für die Ukraine? Nicht unbedingt. Darauf deutet die Entscheidung von Verkehrsminister Volker Wissing hin, nicht die Regierung zu verlassen, sondern die FDP. Wechselnde Mehrheiten im Bundestag sind möglich und könnten im laufenden Haushaltsjahr noch neue Gesetze und weitere Ausgaben auf den Weg bringen.

Darauf will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hinaus. Er hofft, schnell zusätzliches Geld für die Ukraine lockerzumachen und einige Punkte zur Unterstützung der Wirtschaft zu beschließen. Aber mit wem? FDP-Chef Lindner hat seine Mitwirkung am Donnerstag nicht komplett ausgeschlossen. Vielleicht ist etwa eine kleine Steuersenkung zugunsten der Unternehmen und Privathaushalte als letzte Handlung der Ampel noch möglich.

Unklar erscheint die Bereitschaft der Union. Warum sollte sie Rot-Grün zusätzliche Regierungsmonate verschaffen? Andererseits lastet auch auf CDU und CSU der Druck, jetzt schnell etwas gegen die Stagnation zu unternehmen – und nicht erst nächstes Jahr.

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3 Kommentare

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  • "Angesichts der weltpolitischen Lage und der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung des Standorts Deutschland brauchen wir jetzt so schnell wie möglich eine neue, handlungsfähige Regierung mit eigener parlamentarischer Mehrheit."

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    Ein Blick auf die Umfragen zeigt, dass DAS bei "Neuwahlen jetzt", wahrscheinlich sogar im "Merz" wohl nicht ganz einfach werden wird!

    Klar kann ich den Fritz verstehen, "Der will da rein!", aber das ist ein Problem seines Egos,, wird die Fragen & Probleme, die im Moment anstehen, wohl nicht lösen.

    Jetzt ist es möglich, die "Schuldenbremse zu "reformieren" lebbar zu machen, etwas für die Ukraine zu tun, unser Sozial & Gesundheitssystem so zu stabilisieren, das es in den nächsten Jahre nicht zusammenbricht uvam.

    Aber da streiten wohl EGO & "Wir bringen DE weiter" in "seiner Brust"! :-(

    Btw. Wenn es der Fritz so eilig hat gibt es doch DIE Lösung.

    Konstruktives Misstrauensvotum ist das Zauberwort. Und mit seiner Überzeugungskraft & den "guten Ideen für DE" wird er das doch wohl im "alten BuTa" hinkriegen.

    Im Neuen BuTa wird es wohl viel schwieriger, wenn es überhaupt noch möglich ist! :-(

  • Hier müsste der Bundespräsident moderierend eingreifen. Es muss sich doch ein Kompromiss finden lassen, der beiden Seiten entgegenkommt.

  • Endlich mal wieder einer der wenigen Artikel, die zur Klärung der (Rechts-)Lage beitragen, statt der allgemeinen und gezielt befeuerten Hysterie einen Echoraum zu geben.

    Regieren bedeutet ja erst mal nur, dass auch die Exekutive hierarchisch organisiert ist und Gesetzte, bereits beschlossene und genehmigte Programme umsetzten kann. Nur die Spielräume für neue Maßnahmen werden enger, wenn hierfür Mehrheiten im Parlament benötigt werden. Die 'deutsche' Angst vor dem Nicht-regiert-werden, ist also reine Panikmache. Der Staat und seine Institutionen gehen den Wahlen voraus. Und es ist vor allem der Staat mit seinen Institutionen, der durch Wahlen bestätigt wird. Der gelegentliche Austausch des politischen Spitzenpersonal ist nur eine Marginalie, die Folgen haben kann, macht aber noch lange keine Demokratie.