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Online-Beleidigungen von PolitikernAnzahl der Follower für Strafe unerheblich

Wer im Netz Pol­ti­ke­r*in­nen beleidigt, muss mit einer Strafe rechnen. Unabhängig davon, wie viele Nut­ze­r*in­nen dem Account folgen.

Auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde auf Facebook obszön beschimpft Foto: Rüdiger Wölk/imago

Zweibrücken epd | Beleidigungen von Politikern in sozialen Medien sind laut einem Gerichtsurteil unabhängig von der Zahl der Follower strafbar. Für die Strafbarkeit komme es lediglich auf den Inhalt an, stellte das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken in einem am Montag veröffentlichten Urteil klar (AZ: 1 ORs 1 SRs 8/24).

Die Richter hoben eine zuvor ergangene Entscheidung des Landgerichts Kaiserslautern auf und verwiesen den Fall zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer zurück. Angeklagt wegen Beleidigung einer Person des politischen Lebens war ein Mann aus Kaiserslautern, der 2021 im Zusammenhang mit der Ahrtalflut in seinem öffentlichen Facebook-Profil mit obszöner Wortwahl über die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geschimpft hatte.

Das Amtsgericht hatte ihn deswegen zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Landgericht stellte hingegen das Verfahren ein, da der Beschuldigte mit lediglich 417 „Freunden“ auf Facebook keine Reichweite habe, die eine Verurteilung rechtfertige. Für eine Verfolgung wegen einfacher Beleidigung fehle ein Strafantrag der ehemaligen Kanzlerin.

Die für Staatsschutzverfahren zuständige Generalstaatsanwaltschaft Koblenz war gegen diese Entscheidung in Revision gegangen. Auch die Richter am Oberlandesgericht Zweibrücken teilten die Bedenken.

Reichweite nicht relevant

Eine Strafbarkeit unabhängig von der Reichweite entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Der Straftatbestand der Beleidigung von Personen des politischen Lebens sei kurz vor dem Tatzeitpunkt durch eine Gesetzesänderung erheblich ausgeweitet worden, um Personen, die sich im politischen Leben engagieren, vor Hass und Hetze im Internet besser zu schützen.

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1 Kommentar

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  • 417 „Freunde“ auf Facebook ist schon eine Menge.



    Wie vielen das angezeigt worden ist, hat Facebook vermutlich nicht gesagt. Außerdem könnte es sich um einen öffentlich einsehbaren Teil des Profils gehandelt haben. Konnten die Freunde auf Facebook auch retweeten (so ähnlich wie "re-Xen")?