piwik no script img

Piraten streiten über Grundeinkommen

FINANZEN Die Kritik, ihr Modell sei unsozial und der Satz niedriger als Hartz IV, weisen Autoren zurück

BERLIN taz | Das Modell für ein bedingungsloses Grundeinkommen, das eine Arbeitsgruppe innerhalb der Piratenpartei erarbeitet hat (taz vom Dienstag), sorgt für eine intensive Debatte. Viele Kommentatoren im Netz halten das Modell, das 457 Euro Grundeinkommen sowie bei Bedürftigkeit Wohngeld vorsieht, für unsozial. Auch prominente Parteimitglieder gehen auf Distanz: So sagte der sozialpolitische Sprecher der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus, Alexander Spies, das Modell „erfüllt nicht die Parteitagsbeschlüsse – das wissen auch die Autoren“. Notwendig seien „mindestens 1.000 Euro Grundeinkommen“.

Die Autoren des Modells weisen die Kritik hingegen entschieden zurück. „Die Aussage, das Modell bewege sich deutlich unter dem Niveau anderer Modelle oder liege sogar unter dem Niveau des heutigen Hartz-IV-Systems, ist schlichtweg falsch“, erklärte Johannes Ponader von den „Sozialpiraten“. Den Vorwurf, dass das Piraten-Modell teils weniger Geld als Hartz IV bedeute, hatte unter anderem Ronald Blaschke vom Netzwerk Grundeinkommen geäußert. Ponader entgegnet darauf, das vorgeschlagene Grundeinkommen von 440 Euro solle 12,5 mal jährlich ausgezahlt werden, so dass sich ein rechnerischer Monatsbetrag von 457 Euro ergebe. Zudem sollte bei Menschen ohne weiteres Einkommen die Miete in ortsüblicher Höhe vollständig übernommen werden. Damit würde der Hartz-IV-Satz von 374 Euro plus Kosten der Unterkunft in jedem Fall übertroffen.

Allerdings fand sich die Aussage, dass die Mietkosten bei fehlendem Einkommen komplett erstattet werden, in der ursprünglichen Fassung des Konzepts nicht. Dort war zunächst nur von einem „Zuschuss zu den Wohnkosten“ die Rede, der „bei Nachweis einer entsprechenden Bedürftigkeit“ gezahlt werden soll. Dass dieser Zuschuss „bis zu 100 Prozent“ betragen soll, war nach Angaben der Autoren zwar schon immer vorgesehen, wurde aber im online stehenden Dokument erst nach Erscheinen des taz-Artikels und der daraufhin geäußerten Kritik ergänzt. Während Ponader dies als „Klarstellung“ sieht, kritisiert Ronald Blaschke es als „unseriös“, dass das Konzept „nachträglich umgearbeitet wird, um so behaupten zu können, die Kritiker hätten unrecht“.

MALTE KREUTZFELDT, BEN SEEL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen