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Koranverbrennung in SchwedenAussicht auf schwedische Gardinen für Islamfeind

Der dänisch-schwedische Rechtsextreme Rasmus Paludan hat öffentlich Korane verbrannt. Ein Gericht in Malmö verurteilte ihn nun zu einer Haftstrafe.

Hat sich nun selbst die Finger verbrannt: Rechtsextremist Rasmus Paludan Foto: imago

HÄRNOSAND taz | Es gibt sie also doch, die Grenzen der Meinungsfreiheit. Selbst in Schweden, wo die Debatte entbrannte, seit Rasmus Paludan im Spätsommer wegen Hetze gegen eine Bevölkerungsgruppe angeklagt wurde. Die Meinungsfreiheit müsse für alle gelten, auch für „Provokateure und Effekthascher“, so ein Kommentar in der Zeitung Svenska Dagbladet. Der Kommentator kritisiert das Hetze-Gesetz: Es sei unverständlich, in seiner Anwendung ausgeufert und führe zu willkürlicher Zensur.

Für Menschen wie Paludan kursiert in Schweden auch noch der Begriff „Unzufriedenheitspolitiker“. Eindeutiger wäre: Rassist. Der 42-jährige Anwalt aus Dänemark dürfte sich sehr sicher gefühlt haben in seinem Recht auf Meinungsfreiheit, als er Ostern 2022 durch Südschweden tingelte und dort auf öffentlichen Plätzen den Koran verächtlich machte und verbrannte. Seine Aktionen lösten gewaltsame Unruhen in mehreren Städten aus.

Das zuständige Gericht in Malmö befasste sich mit zwei Auftritten von April und September 2022. Videoaufnahmen dienten als zentrale Beweismittel. Am Dienstag wurde das Urteil verkündet: Paludan muss wegen zwei Fällen von Hetze gegen eine Bevölkerungsgruppe für vier Monate ins Gefängnis.

Das Gericht folgt weitgehend der Staatsanwaltschaft – auch in der Ansicht, dass eine Haftstrafe statt Bußgeld angemessen sei, da der Angeklagte bereits in Dänemark für ähnliche Vergehen verurteilt worden war und dennoch weitermachte.

2017 gründete Paludan die Partei „Stram Kurs“

„Es ist erlaubt, sich öffentlich kritisch über beispielsweise den Islam und auch über Muslime zu äußern“, sagte der Vorsitzende Richter Nicklas Söderberg am Mittwoch laut Pressemitteilung. „Die Geringschätzung einer Bevölkerungsgruppe darf dabei jedoch nicht die Grenze einer sachlichen und fundierten Diskussion klar überschreiten.“

Die verhandelten Fälle hätten mit einer sachlichen Diskussion nichts zu tun, begründete Söderberg. „Die Äußerungen hatten vielmehr nur das Ziel, Muslime zu verunglimpfen und zu beleidigen.“ Unter anderem habe der Angeklagte „Araber, Muslime und Afrikaner“ generell als nicht intelligent bezeichnet und gesagt, sie arbeiteten nicht und seien kriminell, heißt es in dem Urteil, das der taz vorliegt.

Paludan hatte 2017 in Dänemark die Partei „Stram Kurs“ gegründet und war 2019 mit der erklärten Absicht angetreten, das Land „frei zu machen von Muslimen“. Bei der Wahl scheiterte die Partei an der dänischen Zweiprozenthürde. Auch in Schweden wollte er mit einem Parteiableger ins Parlament einziehen, ebenfalls chancenlos.

Zusätzlich zu den genannten Fällen wird Paludan wegen Beleidigung eines Mannes verurteilt. Bei einem Auftritt hatte er ihm immer wieder über ein Megafon den Satz „Go home to Africa“ vorgespielt und ihm zugerufen, er werde nie in Schweden zu Hause sein. Diesem Mann muss er umgerechnet knapp 2.000 Euro Schadenersatz zahlen.

Erste Reaktion: Gelächter

Vielleicht wäre es anders gekommen, hätte Paludan nicht einen schwedischen Vater. So aber konnte er vor ein paar Jahren zusätzlich zur dänischen die schwedische Staatsbürgerschaft annehmen – damit endete die Möglichkeit der schwedischen Behörden, ihm die Einreise zu verweigern. Das hatten sie 2020 zunächst getan, um sich die zu erwartenden Probleme vom Leib zu halten.

Kurz nach der Urteilsverkündung teilte Rasmus Paludan mit, dass er Berufung einlegen werde. Laut der Zeitung Expressen war seine erste Reaktion höhnisches Gelächter.

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1 Kommentar

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  • Ich ziehe ein respektvolles und höfliches Miteinander vor und finde es ebenso unschön wie unangemessen, Bücher verächtlich zu machen oder zu verbrennen. Dass man dafür ins Gefängnis kommt, finde ich aber falsch. Zumal der Koran ja durchaus, ebenso wie die Bibel, ein frauen-, juden- und homosexuellen/LGBTQI+-feindliches Buch ist und aus meiner Sicht darin durchaus zu Straftaten aufgerufen wird.

    Nur weil sich männliche Christen/Anhänger des Islam vorerst "machtmäßig" durchgesetzt haben, sollten die o.g. Werke aus meiner Sicht nicht stärker geschützt werden als andere frauen-juden-homosexuellen/LGBTQI+-feindlichen Machwerke.

    Bibel und Koran gehören meiner Meinung nach auf den Index bzw. sollten gendergerecht und zeitgemäß umgeschrieben werden, wie es teilweise auch bereits bei Opern-Libretti geschieht. Meinem Eindruck als Nicht-Juristin nach kollidiert das auch nicht mit Artikel 4 des Grundgesetzes, da die Bücher nicht explizit geschützt scheinen. Die "Freiheit des Glaubens ..." und "... ungestörte Religionsausübung ..." sind ja weiterhin gewährleistet.

    Siehe taz.de/Die-Zauberf...Critical+Classics/