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Erneuerbare-Energien-GesetzKeine Kohle für Sonne und Wind

Preisschwankungen und Anlagenausbau erzeugen ein Milliardenloch bei der EEG-Förderung. Die Ampelregierung will nun die Einspeisevergütung streichen.

Ohne die Zuschüsse könnte längst niemand mehr mit seinem Solarstrom Geld verdienen Foto: Paul Langrock

Der Zuschussbedarf im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wird im kommenden Jahr rund 17 Milliarden Euro betragen. Diese Prognose haben jetzt die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber veröffentlicht, die für die Abwicklung der EEG-Zahlungen zuständig sind. Mit dem EEG wird der Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und anderen erneuerbaren Energien gefördert.

Der Zuschussbedarf ergibt sich aus der Differenz der gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen, die Anlagenbetreiber erhalten, und dem Markterlös, den der EEG-Strom erzielt. Die Auszahlungen werden im Jahr 2025 auf rund 18 Milliarden Euro geschätzt, die Einnahmen unterdessen auf nur rund drei Milliarden Euro. Zu dieser Deckungslücke in Höhe von 15 Milliarden Euro kommen noch die Kosten für die EEG-Abwicklung und für eine Liquiditätsreserve hinzu, womit sich in der Summe der Finanzierungsbedarf von 17 Milliarden Euro ergibt.

Allerdings bergen diese Berechnungen, die alljährlich im Oktober für das Folgejahr publiziert werden, große Unsicherheiten – die Kosten reagieren nämlich sehr sensibel auf Veränderungen der Strompreise im Großhandel. Sinken die Marktwerte des Stroms an der Börse, ist folglich auch der Wind- und Solarstrom weniger wert. Da die Vergütungen für die Betreiber aber fix sind, erhöht sich der Zuschussbedarf.

Aus genau diesem Grund lagen die Prognosen für 2024, die vor einem Jahr erstellt wurden, ziemlich daneben. Damals hatte die Stromwirtschaft noch mit 10,6 Milliarden Euro an Steuermitteln für 2024 gerechnet, doch weil die Strompreise an der Börse fielen, war der angesetzte Steuerzuschuss schon zur Jahresmitte aufgebraucht. Bis Ende September wurden bereits fast 15 Milliarden Euro an Steuergeld fällig, bis zum Jahresende werden es – je nachdem, wie sonnig und windig die kommenden beiden Monate noch werden – rund 20 Milliarden Euro sein.

Entwurf für Gesetzesnovelle liegt bereits vor

Allein etwa 60 Prozent der EEG-Kosten entfallen inzwischen auf die Photovoltaik. Das liegt einerseits am enormen Anlagenzubau in den vergangenen beiden Jahren, zugleich aber auch daran, dass der Solarstrom immer öfter in Zeiten anfällt, in denen Strom nichts mehr wert ist. Denn die Photovoltaikanlagen kannibalisieren sich: Weil die Anlagen quasi im Gleichschritt ihren Strom erzeugen, trifft jede neue Anlage auf einen ohnehin schon übersättigten Markt. Es könnte also niemand mehr mit seinem Solarstrom auskömmliche Einnahmen erzielen, würde nicht das EEG die immer größer werdende Lücke stopfen.

Da die Ampelregierung fürchten muss, dass ihr die gesamte EEG-Förderung ausgerechnet im Wahljahr wegen weiter steigender Kosten politisch um die Ohren fliegt, plant das Bundeswirtschaftsministerium nun, für neue Photovoltaikanlagen in Zeiten negativer Börsenpreise die Einspeisevergütung zu streichen. Ein entsprechender Referentenentwurf zur Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes liegt bereits vor.

Kleinanlagen auf Hausdächern sollen von der Regelung noch befreit bleiben, weil der Mess-, Steuer- und Abrechnungsaufwand zu groß wäre. Doch Großanlagen ohne Speicher oder einen unmittelbaren Stromabnehmer würden damit schlagartig unwirtschaftlich. Die Solarbranche ist alarmiert; sie nannte die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums am Freitag „in Teilen unverhältnismäßig“.

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14 Kommentare

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  • Richtig so.



    Die Einspeisevergütung nach dem alten Konzept macht Sinn solange nicht regelmäßig zu viel Erneuetbarer Strom zu einem Zeitpunkt vorhanden ist. Jetzt braucht es eine Änderung da die Anbieter sonst weiter Südanlagen bauen die nach der alten Festvergütung am meisten Geld bringen, aber dann Strom produzieren wenn wir keinen weiteren brauchen.



    Sie könnten am besten für neue Anlagen die Vergütung komplett streichen, und stattdessen die Hardware fördern. Dann haben Projektierer einen Anreiz die Anlage so aufzustellen dass sie statistisch zur Zeit der höchsten Marktpreise am meisten Energie liefert. Und genau das sind die Zeiten wo wir mehr EE brauchen.

  • Die garantierte Einspeisevergütung wird mehr und mehr zum Fehlanreiz. Es ist schon ganz richtig, diese bei ungünstigen Marktbedingungen zu kürzen.



    Eine Möglichkeit, den Markpreis zu stabilisieren, wäre massiver Stromverbrauch zu Zeiten, an denen Überschüsse vorhanden sind.



    Das geht unter anderem mit dem Laden von Batterien und dem Erzeugen von Wasserstoff.



    Die erneuerbaren Energieerzeuger sind längst rentabel. Jetzt ist es an der Zeit, die Speichertechnologie voranzutreiben. Ein EEG in der Grundidee aus dem Jahr 1999 kann so etwas nicht leisten. Es muss endlich etwas Neues her!

  • "Ohne die Zuschüsse könnte längst niemand mehr mit seinem Solarstrom Geld verdienen"



    Ist das so? Ich habe doch immer gelesen, die Erneuerbaren seien so unglaublich günstig...



    "...plant das Bundeswirtschaftsministerium nun, für neue Photovoltaikanlagen in Zeiten negativer Börsenpreise die Einspeisevergütung zu streichen."



    Sinnvoller wäre es, "in Zeiten negativer Börsenpreise" mit den Anlagen das Gleiche zu tun wie mit allen anderen Kraftwerken auch, nämlich entsprechend dem Strombedarf abzuregeln. Dann fielen (a) die Vergütungen nicht gleich auf Null und (b) die "Entsorgungskosten" weg.

    • @sollndas:

      "die Erneuerbaren seien so unglaublich günstig..."



      Auch bei negativen Preisen werden Netzentgelte fällig, und der Solarteur hat die Anlage bestimmt zum Nulltarif hingestellt. Unglaublich günstig heißt nicht, fürs verschenken auch noch zu bezahlen.

      "nämlich entsprechend dem Strombedarf abzuregeln"



      Und dann kommt das raus, was einer Bäckerei passiert ist: Eigenverbrauch aus der PV ~ 80%, Prozesse für dir optimale Nutzung umgestrickt etc. Der Netzbetreiber hat keine Verwendung für den Rest und regelt die Anlage ab - komplett. Für die Bäckerei heißt das: nicht nur kein Geld für nicht eingespeisten Strom, sondern den selbst erzeugten und in dem Fall tatsächlich unglaublich günstigen (keine Netzentgelte, Steuern usw.) Strom stattdessen zukaufen zu müssen.

      • @IjonTichy:

        Ich schrieb, glaube ich, "abregeln" und nicht "komplett abschalten" :-)



        Es ist einfach so: Die Zeiten, in denen man die Erneuerbaren ungebremst ins Netz einspeisen konnte und die Netzregelung allein den Konventionellen überlassen konnte, sind vorbei. Dazu ist inzwischen der Erneuerbarenanteil zu hoch. Die Erneuerbaren müssen sich daran gewöhnen, dass sie ebenfalls zur Netzregelung beitragen müssen, sonst wird das Netz instabil.



        Die Frage ist, wie man (in diesem Fall Habeck) das macht. Das Beispiel mit der Bäckerei ist ein Negativbeispiel, wie man es nicht machen sollte (auch wenn der Bäcker daran nicht ganz unschuldig sein dürfte. Er dürfte vertraglich statt der 70 %-Abregelung der Vollabschaltung zugestimmt haben).



        Ebenfalls ein Negativbeispiel ist die anscheinend angestrebte Regelung, den Solarstrom einspeisen zu lassen, aber nicht zu bezahlen, und ihn dann teuer zu entsorgen.

  • Huch, da hat der Robert doch noch einen letzten Rest Klimaschutz gefunden, den er seinem Homie Christian opfern kann. Frisch ans Werk!

    • @Henne Solo:

      Quatsch die bedingungslose Einspeisevergütung geht am Markt UND am Klimaschutz vorbei.



      Wir brauchen keine weiteren Süd ausgerichteten Großanlagen. Genau das bringt die Förderstruktur aber hevor. Der Wegfall bei negativen Preisen begünstigt west-ost Anlagen, das was bir brauchen, und auch den EE Anteil im Netz erhöht, sogar ohne verteuernde Speicherung.

  • Das klingt nach einer Fortsetzung der bisherigen Energiepolitik von Hrn Altmeyer und Hrn Gabriel.



    Sobald eine Förderung erfolgreich war und ihren Zweck erfüllt hat, wurde sie kurzerhand gestrichen.



    Die Konsequenz war der Verlust hundertausender Facharbeitskräfte in der Solar- und Windkraftbranche, die Abwanderung ganzer Branchen ins Ausland, idR China und eine damit verbundener Verlust an Technologieführerschaft.



    Hr Habeck will diesen Kurs offenbar fortsetzen.



    Die damalige Streichung der E-Auto Prämie, die mangelhafte Ausführung des GEG zum Schaden der Wärmepumpenhersteller (die jetzt teilweise insolvent oder verkauft sind, weil sie sich auf die Regierung verlassen haben) waren da wohl nur der Anfang.



    Man könnte die jetzige Regelung sicherlich reformieren, sie hat viele Fehlanreize geschaffen. Und die Lasten sind ungerecht verteilt.

    Sie aber gleich ganz einzustellen ist einfach nur irre.



    Es sei denn, man sucht die Nähe zur Union.



    Nun ja, das ist ja zufällig genau das, die Grünen beabsichtigen.



    Koste es inhaltlich, was es wolle.

    • @hsqmyp:

      Sobald eine Förderung ihren Zweck erfüllt hat, muss sie gestrichen werden - ist doch ganz klar.



      Das darf nur nicht so ungeschickt geschehen wie bei den E-Autos: Freitag verkündet, Montag schon gültig.



      Es wäre jetzt dringend erforderlich, Speichertechnologien zu fördern. Diese könnten das Problem lösen.

      • @Jörg Schubert:

        Es geht bei allen größeren Investitionen immer auch um Verlässlichkeitkeit und Planbarkeit.



        Das gilt sowohl für Privatleute, die auf E-Mobilität oder Wärmepumpe umstellen wollen als auch für eine Energiegenossenschaft, die einen Bürgerwindpark errichten möchte.



        Andere Länder haben mit ihrer E-Auto Politik gezeigt, wie es gehen kann.



        Hierzulande beachtet man leider mehr die selbstgemachte Schuldenbremse und hält eine Austeritätspolitik tatsächlich für zukunftsträchtig.



        Da wir mitnichten im Strom- und Wärmebereich genügend erneuerbare Primärenergie haben, muss dies natürlich weiter gefördert werden.



        Mit den Speichern gebe ich Ihnen allerdings völlig recht…

        Der Erdbeckenspeicher in Husum wäre eine gute Idee für andere Kommunen



        Und Pumpspeicherkraftwerke können in gebirgigen Regionen ein wichtiger Beitrag sein.

  • Bleibt nur der Netzausbau, um Solar- und Windstrom, zügig dahin zu leiten, wo Bedarf besteht. Da augenblicklich das Schienen- und Straßennetz auf Vordermann gebracht werden muss, muss der Netzausbau hintenangestellt werden.

  • So ist es. Wer nicht selbst verbraucht, sondern einspeist, braucht die EEG-Umlage. Vom Marktpreis kann niemand leben, besonders nicht die Solaranlagen. Warum man nicht vorankommt bezüglich Wasserstoff, bleibt ein Rätsel. Denn klar ist, an Wasserstoff führt kein Weg vorbei.

    • @Mouse:

      Erst mal Anlagen in Ost-West Richtung bauen bevor man fett Speicher baut. Diese rentieren sich weiter.



      Wer natürlich eine am Markt und nur durch Förderung profitable Südanlage hat, kuckt halt in die Röhre, und zwar zurecht. Wir haben schon immer den Strom eher morgens und Abends gebraucht. Aus der Historie her hat man halt Südanlagen gebaut weil die bei noch schlechterer teurerer Tech eher rentabel waren. Das war so lang ok bis man regelmäßig Überachusseneegie hatte. Jetzt brauchts dringendst die Ost-West Anlagen. Südanlagen Zubau kann man auf Netto Null fahren. Ein Streichen der Förderung bei negativen Spotmarket Preis kann das anreizen. Senkt auch gleichzeitig den Bedarf und Kosten für Speicher. Volkswirtschaftlich allea richtig. Man könnte dafür die Hardware fördern um das unternehmerische Risiko zu senken.

    • @Mouse:

      Ich glaube der Grund nennt sich Physik. Namhafte Physiker haben schon mehrmals vorgerechnet, dass die notwendigen Reibungsverluste beim grünen Wasserstoff so hoch sind, dass dieser auf absehbare Zeit nur für kostenintensive Sonderfälle zum Einsatz kommen kann.