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Panda-Babys im Berliner ZooLenin in flauschig

Der Zoo hat sieben Wochen nach der Geburt erstmals ein Panda-Baby der Öffentlichkeit vorgeführt. Die Begeisterung kennt keine Grenzen.

Kuschelig: Panda-Baby im Berliner Zoo Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Eine Figur aus einem kommunistischen Regime, die regungslos in einem Glaskasten liegt, bestaunt von Besucher:innen, die vom Sicherheitspersonal ständig dazu angehalten werden weiterzugehen. Ganz klar, es muss sich um Lenin handeln. Doch dann, oh Schreck, bewegt sich das Wesen, robbt sich auf dem Bauch liegend einmal im Kreis und es wird klar: Lenin ist ein Panda-Baby, statt im Mausoleum am Roten Platz befinden wir uns im Panda-Garden im Berliner Zoo.

Am Mittwochmittag wurde das erste der beiden vor etwa sieben Wochen geborenen Jungtiere für eine Stunde der Öffentlichkeit präsentiert. Und man muss es so sagen: Eine sozialistische Revolution hätte weniger Menschen angezogen und nicht annähernd so viel Begeisterung erzeugt. Schon eine Stunde vor dem Einlass zum Gehege bildete sich eine 200 Meter lange Schlange. Ganz vorne mit dabei ist Maren, die bereits um 6 Uhr morgens – drei Stunden bevor der Zoo überhaupt öffnete – vor Ort war.

„Wann hat man schon mal die Möglichkeit zu sehen, wie sich ein Kind entwickelt“, sagt die Zoo-Dauerbesucherin kurz vor der Präsentation ganz aufgeregt. Auf die Frage nach der Erwartung an dieses erste Aufeinandertreffen sagt ihr Begleiter: „Ick mach een Foto davon, nagel mir dit an die Wand und dann ist die Welt in Ordnung.“ Nach ihrer Audienz wirken beide beglückt. Ihre Fotos zeigen, wie der inzwischen pelzige Panda von einer Pflegerin ins Gehege gebracht, erst auf eine Waage gesetzt und dann in ein Bettchen gelegt wird.

Für den kurzen Moment des Glücks müssen die wartenden Be­su­che­r:in­nen einiges über sich ergehen lassen. Die Warteschlange gleicht einem Freiluftgehege für Jour­na­lis­t:in­nen und solche, die es gerne sein wollen. Paparazzi lichten Kinder mit Panda-Mützen ab; ein Kamerateam von Welt TV sucht Opfer ohne Klassenbewusstsein und die Wehrlosesten landen vor der Linse von Martin Lejeune, einem Journalistendarsteller, der sich in der Vergangenheit sowohl für die Hamas als auch für Querdenken begeistern konnte. Und alle so: „Süüüß!“

Viele Revolutionsgewinner

Wirklicher Profiteur der ganzen Nummer ist der Zoo, der den normalen Be­su­che­r:in­nen 25 Euro Eintritt abknöpft, Panda-Exklusivtouren für 460 Euro verkauft und seinen Shop mit schwarz-weißen Schneidebrettchen, Shirts und Kuscheltieren ausgestattet hat. Derweil diktiert Bärenkurator Florian Sicks in jedes Mikro, dass der eigentliche Gewinner der Artenschutz ist, schließlich seien die lediglich noch 1.800 frei lebenden Großen Pandas auf eine Stärkung ihrer Population aus der Zucht angewiesen.

Für die beiden neuen Berliner Buddys, die wie alle Pandas in chinesischem Eigentum sind, bedeutet das, vielleicht irgendwann von ihrem Mausoleum in Maos Reich der Mitte zu reisen. Schon ihre Vorgänger, die 2019 geborenen Pit und Paule, mussten Ende vergangenen Jahres diesen Weg antreten. Zunächst aber müssen die beiden, vom Zoo derzeit „Klein“ und „Groß“ genannten, gedeihen. Innerhalb des nächsten Monats werden sie lernen, richtig zu sehen und zu tapsen, nach einem halben Jahr anfangen, Bambus zu knabbern. Namen gibt es dann auch noch, traditionell 100 Tage nach der Geburt. Die taz hätte da einen Vorschlag: Lenin I und II.

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