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Das Pfeifen meiner HeizungObszön und ferngesteuert

Seit Monaten pfeift bei mir zu Hause die Heizung. Mir ist das sehr peinlich gegenüber weiblichen Gästen. Und immer wenn der Klempner kommt, ist Ruhe.

Osman hat ihn irgendwann „Karl“ genannt: handelsüblicher Heizkörper mit dem Potential, zu pfeifen Foto: dpa/Thomas Banneyer

W ährend der Mittagspause in Halle 4 knurrt mein Meister genervt: „Ich glaube, mein Schwein pfeift“.

„Meister, dann lassen Sie ihr Schwein doch einfach draußen im Garten, wenn es zu laut pfeift. Dann ist das Problem gelöst“, tröste ich ihn. „Aber bei mir zu Hause pfeift seit Monaten die Heizung! Und die kann ich nicht so einfach vor die Tür schicken!“

Das Problem ist, unsere Heizung pfeift nicht wie die normalen Heizungen, die pfeifen, wenn sich in ihrem Bauch ein wenig Luft angesammelt hat. Nein, unsere Heizung pfeift wie ein besoffener Bauarbeiter, der mit lüsternem Blick sabbernd jedem Rock nachpfeift. Hat aber keine Luft im Bauch, sondern unsere Heizung ist einfach charakterlich missraten.

Das Ganze ist mir sehr peinlich, ganz besonders, wenn wir weibliche Gäste zu Besuch haben und ein lautes, obszönes Pfeifen ertönt.

Schlecht erzogen

„Entschuldigen Sie bitte, gnädige Frau. Ich war das bestimmt nicht. Das war Karl, unsere schlecht erzogene Heizung“, entschuldige ich mich sofort. Wir nennen unsere Heizung schon seit einiger Zeit Karl.

Genau genommen, seitdem sie angefangen hat, so unverschämt zu pfeifen. Eine kleine Statistik, die ich auf den Baustellen in der Umgebung durchgeführt habe, ergab, dass 42 Prozent der Bauarbeiter, die Frauen nachpfeifen, Karl heißen. Dicht gefolgt von Wladimir und Ismail.

Immer wenn ich einen Klempner nach Hause bestelle, ist der Karl plötzlich mucksmäuschenstill. Dann tut er so, als könnte ihn kein Wässerchen trüben und als hätte er noch nie einen Ton von sich gegeben, geschweige denn einen Pfiff.

„Was wollen Sie denn? Ihre Heizung funktioniert doch tadellos“, muss ich mir immer wieder vorwurfsvoll von denen anhören.

„Aber so glauben Sie mir doch! Wenn Sie nicht da sind, pfeift Karl ununterbrochen wie ein Schnellkochtopf kurz vorm Platzen. Ich schwör's!“

Unverrichteter Dinge verschwinden sie wieder. Die Klempner schenken ihren Ohren tendenziell mehr Glauben als mir, was mich zutiefst verletzt! Kaum ist der Heizungsmensch weg, geht die Pfeiferei erst richtig los. Wenn hübsche Frauen da sind, umso schlimmer.

Das Ganze ist mir sehr peinlich, ganz besonders, wenn wir weibliche Gäste haben

„Karl, hör doch endlich auf! Zwing mich nicht zum Äußersten, verdammt“, brülle ich ihn an.

Ein höhnisches und überhebliches Pfeifkonzert setzt daraufhin ein. Was heißen soll:

„Osman, mein Junge, wag es bloß nicht, mich bei der Kälte rauszuschmeißen. Dann wirst du hier jämmerlich erfrieren!“

„Wie du meinst, Karl. Jetzt hole ich mir eine sauteure Wärmepumpe, die ich zehn Meter entfernt vom Haus im Garten aufstellen werde. Und du wirst auf dem Schrottplatz erfrieren!“

Vier Wochen später bekommen wir endlich eine junge Wärmepumpe, und der alte Karl, der unverschämte Pfeifer, wird weggeschafft.

„Du hast es so gewollt, Karl. Du hast mich finanziell ruiniert, aber jetzt habe ich endlich Ruhe im Haus“, rufe ich ihm hinterher.

„Es tut mir leid, Osman“, stammelt Karl tieftraurig. „Diese blöde Pfeiferei war nicht meine Idee. Wir wurden alle von Robert Habeck gezwungen, diese komische Wärmepumpe kaufen.

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