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Gibt es in Deutschland neuerdings eine Zensurbehörde?

Rechte Kreise werfen der Bundesnetzagentur und dem Bundeswirtschaftsministerium, in dessen Geschäftsbereich die neue Behörde fällt, vor, eine Zensurstelle aufzubauen. „Neue Zensur mit ‚Trusted Flaggern‘ im Netz“ titelt etwa das rechtspopulistische Portal „Nius“.

Richtig ist:

Rechtswidrige Inhalte, ­mangelnder Jugendschutz oder ohne Begründung gesperrte Accounts sind ein Problem bei Onlineplattformen. Weil die Plattformen sich oft wenig engagiert zeigen, gegen diese und andere Missstände vorzugehen, etwa gegen Beleidigungen, üble Nachrede, Verleumdung oder Volksverhetzung – Tatbestände, die häufig unter Hassrede zusammengefasst werden –, hat die EU den Digital Services Act (DSA) verabschiedet. Der sieht unter anderem vor, dass die Mitgliedsstaaten zentrale Koordinierungsstellen einrichten. An die sollen sich Nut­ze­r:in­nen wenden können, zum Beispiel, wenn Plattformen nicht genug für den Schutz von Minderjährigen tun oder sich mutmaßlich rechtswidrige Inhalte nicht unkompliziert melden lassen.

In Deutschland liegt diese Koordinierungsstelle bei der Bundesnetzagentur. Sie soll überwachen, ob sich die Unternehmen an die gesetzlichen Vorgaben halten – also zum Beispiel genug Ressourcen in die Moderation stecken oder Beschwerden in angemessener Zeit und Weise bearbeiten. Sie entscheidet aber nicht über Recht- oder Nichtrechtmäßigkeit von Inhalten und kann auch keine Löschung anordnen.

Die Koordinierungsstellen sollen laut DSA außerdem vertrauenswürdige Hinweisgeber ernennen. Das sind zum Beispiel NGOs, die über besondere Expertise bei der Identifizierung rechtswidriger Inhalte verfügen. „Trusted Flagger“ heißen diese. Am 1. Oktober hat die Bundesnetzagentur den ersten zugelassen, daran entzündete sich die Debatte. Erhält eine Onlineplattform eine Meldung von so einem Hinweisgeber, muss sie diese laut DSA mit hoher Priorität bearbeiten und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen – bei eindeutig rechtswidrigen Inhalten beispielsweise die Löschung. In Konfliktfällen kann allerdings erst ein Gericht final entscheiden, ob etwa eine Löschung rechtswidrig war oder erforderlich ist. (sve)

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