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+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Selenskyj auf Werbetour

Das Weiße Haus verspricht der Ukraine anhaltende Unterstützung. Selenskyj trifft Donald Trump in New York. Baerbock verteidigt Waffenhilfe an Kyjiw.

Die Zeit läuft für die Ukraine-Unterstützung: Präsident Selenskyj trifft US-Vizepräsidentin Harris Foto: Jacquelyn Martin/ap

Nach Visite im Weißen Haus: Selenskyj trifft Trump

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump will sich am Freitag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in New York treffen. Das kündigte Trump an. Selenskyj hatte bereits vor ein paar Tagen ein solches Gespräch mit dem früheren US-Präsidenten in Aussicht gestellt. Trump ließ sich jedoch länger bitten. Der Republikaner steht weiteren US-Hilfen für die Ukraine kritisch gegenüber und hatte Selenskyj zuletzt öffentlich dafür kritisiert, dass er keinen Deal mit Russland eingehen wolle.

In Washington traf Selenskyj zunächst den demokratischen Amtsinhaber Joe Biden, der dem Ukrainer wenige Monate vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus weitere Milliardenhilfen für sein Land mit auf den Weg gab. US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die Biden nach der Wahl im November an der Spitze der Regierung ablösen will, versprach Selenskyj ebenfalls Unterstützung und warnte indirekt vor einem Wahlsieg ihres Kontrahenten Trump.

Selenskyj dankte den USA für das neue Hilfspaket und stellte bei seinen Gesprächen in Washington einen von ihm konzipierten „Siegesplan“ vor. Nach Medienberichten geht es um ein Papier aus vier bis fünf Punkten, die sich weniger wie ein Plan, als vielmehr wie eine weitere der regelmäßig von Kyjiw vorgelegten Listen mit Wünschen an die westlichen Partner lesen – unter anderem zur Lieferung spezifischer Waffen und einer Ausweitung der westlichen Finanzhilfen.

Der Ausgang der US-Wahl könnte gewaltige Auswirkungen für den Kriegsverlauf haben. In der Ukraine gibt es Befürchtungen, dass die USA als wichtigster Unterstützer des Landes im Abwehrkampf gegen Russland weitgehend ausfallen könnten, falls Trump die Präsidentenwahl am 5. November gegen Harris gewinnt. Trump hat für den Fall eines Wahlsieges signalisiert, die Unterstützung für Kiew dramatisch zurückzufahren oder sogar ganz einzustellen. (dpa)

Harris warnt vor Folgen für Ukraine bei Wahlniederlage

Vizepräsidentin Kamala Harris mahnte in Anspielung auf Trumps Äußerungen, dass über ein Ende des Kriegs nicht ohne die Ukraine entschieden werden dürfe. In den USA gebe es aber „einige“, die das wollten. Deren Plan sei es, die Ukraine zu zwingen, große Teile ihres Staatsgebiets aufzugeben, einen neutralen Status ihres Landes zu akzeptieren und auf die Sicherheitszusagen anderer Staaten zu verzichten.

„Diese Vorschläge sind die gleichen wie die von (Russlands Präsident Wladimir) Putin, und wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass es sich nicht um Vorschläge für den Frieden handelt“, sagte Harris. „Es sind vielmehr Vorschläge für eine Kapitulation, die gefährlich und inakzeptabel ist.“ Die Unterstützung der USA für die Ukraine sei kein wohltätiger Akt, sondern sicherheitspolitisch im ureigenen Interesse Amerikas. (dpa)

Baerbock verteidigt Waffenhilfe an Kyjiw

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei der UN in New York die Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine verteidigt und vor nachlassender Unterstützung für das Land im Krieg gegen Russland gewarnt. „Die Vorstellung, dass es in der Ukraine keine Kämpfe und kein Sterben gäbe, wenn es keine Verteidigungswaffen gäbe, ist so einfach wie falsch“, sagte Baerbock am Donnerstag in der UN-Generaldebatte. Die Ministerin beschwor in ihrer Rede zugleich die Werte der UN-Charta und mahnte eine Reform des UN-Sicherheitsrates an.

„Wenn Russland seinen Angriff einstellt, ist der Krieg vorbei. Wenn die Ukraine aufhört, sich zu verteidigen, ist es mit der Ukraine vorbei“, sagte die Ministerin. Der russische Präsident Wladimir Putin habe eine Einladung zu einer Friedenskonferenz im Juni mit dem Bombardement eines Kinderkrankenhauses beantwortet.

Solange Putin nicht bereit sei, an den Verhandlungstisch zu kommen, würde eine Beendigung unserer Unterstützung lediglich bedeuten, „dass die Krankenhäuser der Ukraine und ihre Kinder schutzlos sind. Es würde mehr Kriegsverbrechen bedeuten, nicht weniger, möglicherweise auch in anderen Ländern“, sagte Baerbock. (afp)

Biden gibt Milliardenhilfen für Kyjiw frei

Die Regierung von Biden und Harris hat die Ukraine im Kampf gegen Russlands Angriffskrieg in den vergangenen zweieinhalb Jahren massiv unterstützt und seit Kriegsbeginn im Februar 2022 allein 58,7 Milliarden Dollar (52,5 Milliarden Euro) für Militärhilfe bereitgestellt. 2,4 Milliarden US-Dollar davon sind Mittel, die Biden nun während Selenskyjs Besuch in Washington freigab. Der US-Präsident betonte, er habe außerdem sichergestellt, dass bereits zugesagte Hilfen in Milliardenhöhe nicht verfallen und bis zum Ende seiner Amtszeit im Januar abgerufen würden. Nach Angaben des Weißen Hauses handelt es sich dabei um 5,5 Milliarden Dollar.

Zu dem neuen Hilfspaket aus Washington gehören ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem, Gleitbomben mit hoher Reichweite sowie Drohnen. Außerdem wollen die USA die Ausbildung weiterer 18 ukrainischer Piloten an Kampfjets vom Typ F-16 unterstützen. Die Flugzeuge amerikanischer Bauart werden von anderen Ländern bereitgestellt, die US-Regierung beteiligt sich aber am Trainingsprogramm. (dpa)

Ukraine-Treffen am 12. Oktober in Deutschland

Biden will außerdem weitere internationale Unterstützung für die Ukraine organisieren. Er reist Mitte Oktober nach Deutschland und will dort am 12. Oktober auf Ebene der Staats- und Regierungschefs ein Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe veranstalten, die von den USA geführt wird. Das teilte das Weiße Haus nach dem Treffen von Biden und Selenskyj offiziell mit. Auch Selenskyj soll demnach dabei sein.

Zur Ukraine-Kontaktgruppe gehören etwa 50 Staaten, Deutschland ist auch beteiligt. Normalerweise nehmen an den regelmäßigen Gesprächen die Verteidigungsminister der Mitgliedsländer teil. Die USA und Deutschland sind die größten Waffenlieferanten der Ukraine. (dpa)

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6 Kommentare

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  • Hmmm. ich sag mal so...



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  • Es wird Zeit. Selenski weiß, wenn Trump Präsident wird, ist Feierabend.

    • @Lars Kreimendahl:

      Dann hätte er sich leider vollends verkalkuliert.



      Zum Glück hat Harris durchaus gute Chancen. Trotzdem wird ein "weiter so" am Ende auch keine Lösung sein.

  • Europa sollte sich darauf vorbereiten, sich ohne Unterstützung der USA gegen Russland verteidigen zu können.

    Das bedeutet eine eigene Atomwaffendoktrin für Europa, atomare Aufrüstung in dem Maße, dass Europa sich ernsthaft verteidigen kann und eine europäische Verteidigungsstrategie.

    Russland zeig gerade eindrucksvoll, was passiert, wenn Terroristen Atomwaffen in Händen haben. Es werden alle Länder, die sich nicht atomar verteidigen können mit der Drohung eines Atomwaffeneinsatzes angegriffen und unterworfen.

    Hoffentlich begreifen das die europäischen Politiker und vor allem auch die Menschen in den Ländern.

    Wenn sich Putins Strategie durchsetzt, dann steht die Welt in Flammen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Warum streben viele Länder nach Atomwaffen?



      Eben, weil man als Nuklearmacht mehr "Spielräume" besitzt.



      Es darf stark bezweifelt werden, dass Putin eines Tages die Nato oder Westeuropa Europa angreifen wird. Selbst, wenn er es wollen würde, könnte er keine 2 stellige Anzahl von Millionen Soldaten aquieren die notwendig wären für eine Besatzung.



      Russland wird übrigens auch in der Ukraine aller Voraussicht nach nur einen Teil seiner Ziele erreichen.

  • Das "bestmöglichste" Szenario was Selenski erreichen kann ist "ein weiter so" wie bisher. Ja, die Ukraine verliert so nicht, wird jedoch weiter Menschen durch Tod verlieren und vermutlich auch noch mehr Terretorium.



    Und leider noch mehr Leid und Zerstörung erfahren.

    www.welt.de/politi...erlage-geriet.html

    Ich kann diese alten Kamelen a la "mit Putin" kann man nicht verhandeln inzwischen nicht mehr hören.



    In jedem Krieg sagt man das über den Gegner.



    Ich halte es jedoch für höchstproblematisch, dass die Ukraine vermutlich irgendwann aus einer Position der Schwäche heraus handeln wird müssen. Spätestens im Herbst 22 hätte man alles unternehmen müssen, um irgendwie einen Frieden erreichen zu können, auch Herrn das große unfaire Zugeständnisse bedeutet hätte.



    Wenn Trump gewinnt wäre die kathrastophe für die Ukraine komplett. Selenski hat leider sehr hohe unrealistische Erwartungen geweckt an denen ere gemessen wird. Dieses könnten die Menschen in der Ukraine am Ende sehr teuer bezahlen.