Volksentscheid Baum in Berlin: Eine Million Bäume bis 2040

Die Initiative Volksentscheid Baum startet ihre Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren. Sie ist optimistisch, ihr Ziel „ruckzuck“ zu erreichen.

Das Bild zeigt die Ben-Gurion-Straße am Potsdamer Platz

Schön ist was anderes, aber immerhin alle paar Meter ein Baum Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin taz | Es umfasst 24 Paragrafen und 51 Seiten Begründung und hört auf den sperrigen Namen „Klimaanpassungsgesetz“. Die Rede ist von dem aktuellen Gesetzesentwurf der Initiative Volksentscheid Baum, auch liebevoll „Baum-Entscheid“ genannt. Das Anliegen: Bis 2040 sollen eine Million Bäume gepflanzt werden, sodass alle 15 Meter ein Baum an Berlins Straßenrändern steht. Darüber hinaus will die Initiative mehr Grünflächen und einen besseren Schutz vor Starkregen. Berlin soll „hitzesicher und wetterfest“ werden, so die Initiator:innen.

Pünktlich zum Start der Unterschriftensammlung am Montag hat der Senat nun final geschätzt, was diese Pläne insgesamt kosten würden. 7,2 Milliarden Euro lautet das Ergebnis. Damit korrigiert der Senat seine erste Schätzung von 12 Milliarden Euro deutlich nach unten. Die Initiative hatte ohnehin mit 7,2 Milliarden Euro gerechnet.

Bei einem Pressegespräch am Dienstag jongliert Co-Initiator Heinrich Strößenreuther darum gelassen mit den Zahlen: Auch der Flughafen BER habe über 7 Milliarden Euro gekostet, Stuttgart 21 sogar 11 Milliarden. Die Initiative kann sich auch insofern entspannt zeigen, als es seit dem 1. Juli ohnehin ein bundesweites Klimaanpassungsgesetz gibt. Ebenso gilt die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur. Die Kosten für die Klimaanpassung Berlins seien also „Eh-da-Kosten“, so die Initiative.

„Wir kämpfen darum, dass Berlin lebenswert bleibt“, sagt Strößenreuther. Ein sehr großer Teil der Berliner Bäume sei schon geschädigt, dazu würde immer mehr gefällt. „Berlin wird nicht mehr so grün sein wie bisher“, sorgt sich Strößenreuther.

Stadt als Betonwüste

Denn natürlich macht der Klimawandel auch vor Berlin keinen Halt: Im Sommer wird die Stadt zunehmend zur Betonwüste, Schattenplätze fehlen. 2023 starben in Berlin 106 Menschen an Folgen der Hitze. Laut Umweltgerechtigkeitsatlas trifft die Hitze insbesondere diejenigen, die ohnehin schon prekär leben.

Dass Klimaanpassung, also die Reaktion auf die Folgen des Klimawandels, tatsächlich eine Bandbreite von Ber­li­ne­r:in­nen sowohl betrifft als auch interessiert, zeige eine von der Initiative durchgeführte Umfrage, so Strößenreuther. Selbst unter CDU- und AfD-Wähler:innen läge die Zustimmung für das Anliegen bei 70 Prozent.

Für Strößenreuther ist Klimaanpassung darum auch eine Art „trojanisches Pferd“ für Klimathemen. Eine lebenswerte, hitzesichere Nachbarschaft sei vielen Menschen ein Anliegen. Auch jenen, die sonst keinen Bezug zu den Auswirkungen des Klimawandels hätten. Sie könnten durch das Klimaanpassungsgesetz für Klimapolitik gewonnen werden.

Auch politisch kann die Initiative auf Rückendeckung hoffen, was wohl auch an ihrem kooperativen Ton liegt. „Händchenhalten mit der Politik“ nennt Strößenreuther das. Unter anderem die Grünen und Linken haben ihre Unterstützung für das Anliegen schon bekundet. Aus der SPD sei ebenfalls ein positives Signal gekommen, wobei unklar bleibt, ob die Fraktion einen eigenen Gesetzesentwurf zur Klimaanpassung erarbeiten wird.

Wachsweiche CDU

Der CDU attestiert Strößenreuther, selbst CDU-Mitglied und Mitbegründer der Klima-Union, eine „wachsweiche Haltung“. Diese ergebe sich daraus, dass das Themenfeld nachhaltige Stadtentwicklung wahlkampfentscheidend für die nächsten Abgeordnetenhauswahlen seien. So zumindest seine optimistische Einschätzung.

Nachdem der Gesetzesentwurf in den vergangenen Monaten mehrmals überarbeitet und geprüft wurde, hat am Montag nun das Unterschriftensammeln für das Baumbegehren begonnen. Bis zum 9. November wird es laufen. Strößenreuther geht davon aus, das erste Ziel von 20.000 Unterschriften „ruckzuck“ zu erreichen. Seine Mitstreiterin, Projektmanagerin Julia Pohl, ist ebenfalls „mehr als zuversichtlich“.

Und nach dem 9. November? Der Senat muss das Begehren zunächst prüfen und könnte das Gesetz im Anschluss daran einfach übernehmen. Tut er das nicht, geht es für den Baum-Entscheid in die zweite Runde, für deren Erfolg gut 200.000 Unterschriften nötig sind. Als finalen Schritt könnte es dann zu einem tatsächlichen Volksentscheid kommen, bei dem es für einen Erfolg mindestens ein Viertel aller Wäh­le­r:in­nen­stim­men braucht.

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