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: Kirche mit Kalkül

Die Arte-Doku „Papst Pius XII. und der Holocaust“ beleuchtet ein dunkles Kapitel der Kirche

Das historische Versagen der katholischen Kirche während der Shoah wurde bis heute nicht ausreichend beleuchtet und kritisiert. Schon deshalb lohnt es sich, die Arte-Dokumentation „Papst Pius XII. und der Holocaust“ zu schauen, die 2021 erschien und ab dem 8. Oktober in der Arte-Mediathek wieder streambar ist.

Im Zentrum stehen die Aufzeichnungen der Korrespondenzen zwischen Hitlers Abgesandten und Papst Pius XII. Die knapp einstündige Doku ist angemessen kritisch. Sie bespricht die tatsächlichen Möglichkeiten Pius XII., Juden von Beginn bis zum Ende der nationalsozialistischen Herrschaft zu schützen. Wenig überraschend: Seine Möglichkeiten zur Einflussnahme waren um ein Vielfaches größer als der Vatikan und der Papst selbst es darzustellen versuchten. Nicht nur ließ der Papst die Nationalsozialisten passiv gewähren, er vorenthielt den Alliierten auch aktiv Informationen über den Fortgang der Shoah. Um die Verurteilung geistiger Würdenträger wegen sexuellen Missbrauchs zu verhindern und die Ausübung der katholischen Seelsorge in Deutschland zu gewährleisten, verpflichtete sich der Papst zum Schweigen über die Judenverfolgung.

Der Antijudaismus des Katholizismus wird in der Doku ebenfalls thematisiert. Weil die Juden den Christen als Gottesmörder galten, wurde ihre Verfolgung grundsätzlich begrüßt. Zwar wirkte die rassische Begründung der Judenverfolgung durch die Nazis für Pius XII. befremdlich, im Vordergrund stand aber die Fähigkeit der Nazis, den Bolschewismus zurückzudrängen. Der Papst schlug sich daher auf die Seite des – seiner Meinung nach – geringeren Übels.

Gestaltet durch historische Filmaufnahmen, filmische Collagen und szenische Zeichnungen, kommen Historiker und katholische Theologen zu Wort. Das macht die Doku sehenswert, denn sie komprimiert den Forschungsstand über Pius XII. sehr treffend. Insgesamt hätten jedoch mehr Details über die verschriftlichten Übereinkünfte zwischen Vatikan und nationalsozialistischem Deutschland offengelegt werden können. Chantalle El Helou