3sat droht das Ende: Wie kulturfern soll es denn sein?

Wenn 3sat tatsächlich eingestellt wird, verliert das öffentlich-rechtliche System an Legitimation. Die Quote allein darf nicht zählen.

Bild zum Sendeschluss auf einem Fernseher.

Sendeschluss: Kein wirklicher Sinn mehr für Kulturberichterstattung Foto: imago

Nun soll also der Kultursender 3sat womöglich eingestellt werden. Die Sendeinhalte sollen „teilweise oder vollständig“ – so der Entwurf, der den Gremien zur Abstimmung vorliegt – ins Arte-Programm überführt werden. Und die Frage stellt sich: Warum fällt den Öffentlich-Rechtlichen immer die Kultur ein, wenn es ans Sparen geht?

Am dabei erzielbaren Einsparpotenzial kann es eher nicht liegen. Für die Honorare, die im Fernsehen für die Fußballexperten ausgegeben werden, die in der Halbzeit von Länderspielen die Sendezeit überbrücken, ließe sich ein halbes Dutzend gut recherchierter Kultursendungen finanzieren. Aber worum geht es dann?

Längst gibt es den Verdacht, dass die Entscheidungsträger in den öffentlich-rechtlichen Sendern – Bildungsauftrag hin oder her – gar keinen wirklichen Sinn mehr für die Kulturberichterstattung haben. Und da ist noch etwas. Sendungen, in denen auch einmal komplizierte Sätze fallen können, die mit Möglichkeitssinn, Selbstreflexionen, ästhetischen Erfahrungen und Perspektivierungen spielen, scheinen bei der Publikumsrundumbetütelung zu stören, die einem entgegenquillt, sobald man den Fernseher nur anschaltet.

Die auf dem Sofa Sitzenden werden „an die Hand genommen“, „begleitet“, „durchs Programm geführt“ und von kindlichen Jingles gestreichelt. Als anspruchsvoller Rezipient sehnt man sich geradezu nach Informationen und Sachlichkeit. Eben auch und gerade im Bereich der Kultur. Außerdem wäre eine Selbstreflexion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens über seine gesellschaftliche Rolle gerade derzeit unglaublich wichtig.

Gibt es in Fernsehkreisen etwa ein Nachdenken darüber, wie entscheidend für die erstaunliche Renaissance der Politikerin Sahra Wagenknecht ihre vielen Talkshoweinladungen gewesen sind? Man wüsste es gern.

Ist das nicht peinlich?

Klar, es gibt immer wieder Qualitätssendungen wie gerade „Herrhausen“, aber schämt man sich nicht auch wenigstens ein bisschen dafür, dass man in der Summe von Kabarettsendungen, Vorabendserien und Talkshows über die gesellschaftlichen Problemlagen hinwegwischt?

Ist einem das als ernsthafte Journalistin und engagierter Moderator nicht schlicht auch peinlich? Kulturberichterstattung könnte da helfen. Kultur ist eben keineswegs nur bunt, beliebig und laut. Es ist auch der Bereich, in dem man darüber nachdenken kann, was man eigentlich genau macht und ob es sinnvoll ist, das zu machen, was man macht.

Und noch etwas würde Kulturberichterstattung – zumal neben einem ernsthaften politischen Magazinjournalismus – für das öffentlich-rechtliche System bieten: Legitimation. Die Zeiten, in denen die Sender sie sich mit dem Argument holen konnten, dass die Gesellschaft sich vorm Fernseher wie vor einem Lagerfeuer versammelt, sind lange vorbei. Als rein unterhaltungsorientierte Quotenmaschinen hätten die öffentlich-rechtlichen Sender sowieso keine Berechtigung.

Dafür brauchen sie sachliche Informationen und die Kultur. Hoffentlich ist den Sendern das ­klar.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.