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Verantwortung des SportsDer 7. Oktober und der Fußball

Auch der Sport ist vom Krieg betroffen – in Israel und im Gazastreifen. Wenn sich der Sport klar macht, dass er politisch ist, kann er viel bewirken.

Am 7. Oktober 2023 ermordet: Lior Asulin bei einem Europacup-Spiel 2007 in Brüssel Foto: Imago/Belga

E in Spiegel der Gesellschaft sei der Sport, heißt es. Wenn dem so ist, dann wäre am 7. Oktober vor einem Jahr nur auf einen Spiegel geschossen worden. Doch nicht Glas zerbarst, sondern es wurde neben anderen Lior Asulin ermordet. Der Ex-Profi war auch einmal bei dem palästinensischen Klub Bnei Sakhnin FC unter Vertrag; er wollte seinen 43. Geburtstag feiern.

Ben Binyamin war auch auf dem Fest, ebenfalls Profi, nämlich beim Erstligisten Maccabi Sha’arayim. Bei dem Angriff wurde er schwer verletzt, ein Bein musste amputiert werden.

Sport ist eben kein Spiegel, sondern immer dabei, wenn um eine bessere Zukunft gekämpft wird – oder, wie am 7. Oktober, Menschen gedemütigt, verschleppt und ermordet werden.

Auf den Angriff der Hamas folgte die Reaktion Israels. Auch hier wurden viele Sportler getötet. Wenn man den Angaben Dschibril Radschubs glauben kann, waren es über 250, überwiegend Fußballer. Der Präsident des palästinensischen Fußballverbandes ist freilich nicht für Seriosität bekannt.

Radschub und etliche andere fordern einen Ausschluss Israels vom internationalen Sport. Radschub verweist auf Sanktionen beispielsweise gegen Russland, nachdem es die Ukraine überfallen hat. „Hält die Fifa einige Kriege für wichtiger als andere und einige Opfer für bedeutender?“, fragte Radschub und hatte dabei gewiss nicht Lior Asulin oder Ben Binyamin im Blick. Und auch nicht den Fußballfan Hersh Goldberg-Polin, den die Hamas-Terroristen verschleppten und dessen Leiche im August in einem Tunnel bei Rafah im südlichen Gazastreifen gefunden wurde.

Israel, Palästina, Russland und falsche Gleichsetzungen

Ausschlussforderungen gegen palästinensische Sportverbände gibt es nicht, denn mit dem, was die Hamas-Regierung Gazas verantwortet, bringt man die Verbände, denen Radschub vorsteht – er ist auch Präsident des Olympischen Komitees Palästinas –, nicht in Verbindung.

Israelische Sportler werden dagegen für die Politik der von Benjamin Netanjahu geleiteten Regierung in Jerusalem mitverantwortlich gemacht. Weil, ja, warum eigentlich? Weil Israels Sport politisch sei, der palästinensische nicht? Oder weil Russland doch auch ausgeschlossen wurde?

Nichts davon ist stimmig. Die Parallelisierung Israels mit einem Land, das seine Nachbarn mit einem Angriffskrieg überzieht, ist schlicht falsch. Eine sich auf diese Geschichtsfälschung beziehende Ausschlussforderung gegen Israel wird und muss ins Leere laufen. Das weiß vermutlich sogar Dschibril Radschub, der Erfahrung mit Forderungen gegen Israel hat, die allesamt mit Ansage scheitern.

Grundlos allerdings wagt sich ein Stratege wie Radschub dennoch nicht so weit hinaus. Wenn es ihm gelingen sollte, die Gleichsetzung Israels mit Russland wenigstens ein bisschen zu popularisieren, dann würde ja nicht Israel ausgeschlossen, sondern Russland zurück in den Weltsport kommen. Denn, so würden die Akteure von IOC und Fifa stolz blöken, Sport habe doch nichts mit Politik zu tun.

Und im Fahrwasser dieser längst widerlegten Ideologie könnte ein Dschibril Radschub weiter seinen Verbalradikalismus gegen Israel pflegen, zu dem – auch das sollte nicht vergessen werden – palästinensische Fußballturniere gehören, die nach Selbstmordattentätern aka „Märtyrern“ benannt sind.

Ben Binyamin übrigens, der Fußballprofi, der durch den Hamas-Terror ein Bein verlor, kickt mittlerweile in Israels Nationalteam der Amputierten-Fußballer. Er ist Teil der Gesellschaft.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, freier Mitarbeiter des taz-Sports seit 1989
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