Konzertempfehlungen für Berlin: Kauziger Charme und Klangkunst

Ein Geburtstagskonzert für Anton Bruckner, eine eigenbrötlerische Singer/Songwriterin und ein Klangfestival für Alvin Lucier stehen diese Woche an.

Schwarz-Weiß-Aufnahme: Der Klangkünstler Alvin Lucier steht in einem Kirchenschiff, in dem Mikrofone und eine Skulptur aufgebaut sind, bei der scheinbar ein Schaufensterpuppenkopf von der Decke hängt. Lucier trägt Trenchcoat und Hut und hat die Hände in die Hüften gestützt.

Alvin Lucier 1999 mit einer Installation für singuhr in Berlin Foto: Michael Schroedter

Herzlichen Glückwunsch! Das Musikfest Berlin endet dieses Jahr mit einem Konzert, das dem Jubilar Anton Bruckner gewidmet ist. Zum 200. Geburtstag des Komponisten gibt es einen eigenen Bruckner-Schwerpunkt im Programm. Und es hat durchaus seine Richtigkeit, dass der letzte Ton in dieser Sache nicht dessen monumentalen Symphonien gilt, sondern seiner geistlichen Musik, genauer seiner kleineren liturgischen Musik. Bruckner war schließlich sehr gläubiger Katholik, woran der RIAS Kammerchor und die Akademie für Alte Musik Berlin unter Leitung von Łukasz Borowicz am Mittwoch (18. 9., 20 Uhr) in der Philharmonie erinnern. Bruckners Messe Nr. 1 in d-Moll ist als „größeres“ Werk ebenfalls dabei (10-50 Euro, Tickets: https://www.shop.rias-kammerchor.de).

In andere Welten geht es am Freitag (20. 9., 20 Uhr), wenn sich die Musikerin Jane Weaver in der Kantine am Berghain die Ehre gibt. Britische Trockenheit, die spröde Poesie von Folk und verträumte Elektronik mischen sich bei ihr auf sehr vorteilhafte Weise zu etwas, das mit einem Etikett wie Indie-Rock höchst unvollständig charakterisiert wäre. Vor zehn Jahren hatte sie mit ihrem Album „The Silver Globe“ ihren Durchbruch, im April erschien ihr mittlerweile zwölftes Album, „Love in Constant Spectacle“. Auf ihren kauzigen Charme ist weiter Verlass, ob sich das in Deutschland so richtig rumgesprochen hat, ist allerdings nicht ganz klar (24 Euro, Tickets: www.tixforgigs.com).

Ein Raum, der viele ist

Wie aus einem Raum plötzlich ein anderer oder womöglich viele wird, konnte man beim vor drei Jahren gestorbenen Komponisten Alvin Lucier erfahren. Resonanzen, mikrotonale Frequenzen und akustische Phänomene, die über das herkömmliche Verständnis von Musizieren weit hinausgingen, beschäftigten ihn bis ins hohe Alter. Privat mochte er aber auch Bands wie die Gipsy Kings. Das Festival „Extended Spaces – Resonant Bodies: Alvin Lucier“ ehrt seine Verdienste derzeit mit Klanginstallationen, Konzerten, Performances und einem Symposium.

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Dabei kommt Luciers eigenes Schaffen genauso zur Aufführung wie neue Beiträge, an diesem abschließenden Wochenende etwa Uraufführungen von Hanna Hartman, Juliana Hodkinson oder Michael Moser. Von Freitag (20. 9.) bis Sonntag (22. 9.) gibt es je zwei Doppelkonzerte um 19.30 Uhr und 21 Uhr, Freitag in der Emmauskirche, an den anderen beiden Abenden im Radialsystem (Konzert 10 Euro, Doppelkonzert 18 Euro, ermäßigt 15 Euro, Programm: http://singuhr.de).

Am Mittwoch (25. 9., 20 Uhr) bittet die Philharmonie in der Reihe „Jazz at the Philharmonic“ zur „Italienischen Nacht“. Durch die führt der Pianist Stefano Bollani zusammen mit dem Gitarristen Matteo Mancuso, dem Klarinettisten Gabriele Mirabassi, Luca Aquino an Trompete und Flügelhorn und der Sängerin Valentina Cenni. Bei Stefano Bollani, einem der irrwitzigsten Jazzmusiker Italiens, lassen sich nur begrenzt Prognosen darüber abgeben, was er genau mit diesem Programm anstellen wird.

Doch ist mit einiger Sicherheit zu erwarten, dass eine klassische canzone napoletana wie „O sole mio“ in seinem Arrangement ohne jede Schnulzgefahr zu Gehör gebracht werden wird. Bollani nimmt sich dabei nie so ganz ernst, sein Material aber schon (35-71 Euro, Tickets: www.berliner-philharmoniker.de).

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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