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Jubelfeier für den Berliner FernsehturmTortensenatorin Franziska Giffey

Der Fernsehturm – einst Ost, inzwischen Gesamtberliner Wahrzeichen – begeht seinen 55-jährigen Geburtstag. Die Wirtschaftssenatorin ist Ehrengästin.

Noch keine Messerverbotszone: Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag im Foyer des Fernsehturms Foto: Gesine Münch

Berlin taz | Die Ehrengästin der Geburtstagsparty ist einige Minuten zu spät. SPD-Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey steckt am Donnerstagvormittag noch in einer verspäteten U5 fest. Ihr Fahrer habe am Feiertag frei, wird die Ex-Regierende später sagen. Irgendwann ist sie doch da, um ihre kurze Festrede anlässlich des 55. Geburtstags des Fernsehturms zu halten.

Als Zeichen ihrer Verbundenheit mit dem früher Ost-, nun Gesamtberliner Wahrzeichen hat Giffey eine Kindheitserinnerung dabei. Einen Stoffbären, den sie 1987 als Neunjährige zur 750-Jahr-Feier Berlins geschenkt bekommen habe. „Ich war noch ein kleines Kind, als ich das erste Mal auf dem Fernsehturm war“, sagt die gebürtige Brandenburgerin der taz.

Ihre Familie sei damals mit dem Zug eine Stunde aus Frankfurt (Oder) nach Berlin gefahren. Anschließend hätten sie im Turmrestaurant Orangensaft getrunken und die Aussicht über die Stadt bewundert. Wie ein „Spielzeugland“ sei ihr das damals vorgekommen. Heute sagt sie: „Der Fernsehturm ist ein Symbol einer wiedervereinten Stadt, ein Symbol der Freiheit.“

Zu Ehren des Geburtstagskindes gibt es im Foyer eine fünfstöckige Torte. Jedes Stockwerk zeigt ein anderes Motiv. Und klar, der Berliner Bär ist zu sehen. Die Mauer und die Ampelmännchen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Das Monstrum anzuschneiden, ist dann nicht so leicht. „Richtig rein da“, wird Giffey instruiert.

„Hübsche Telemädchen“

Auch bei der feierlichen Eröffnung des Fernsehturms am 3. Oktober 1969 gab es Torte für die Politprominenz, in dem Fall die der DDR. Kredenzt wurde sie aber nicht am Boden, sondern in dem sich drehenden Restaurant Tele-Café in der Kuppel, und zwar von „hübschen Tele-Mädchen“, wie es seinerzeit in einem Bericht des SED-Zentralorgans Neues Deutschland hieß.

Die Eröffnungszeremonie war der krönende Abschluss einer Bau- und Planungsodyssee. Erste Pläne, eine neue Sendeanlage zu bauen, gab es bereits in den 50ern. Ein eindrucksvoller Turm sollte es sein, „ein Zeichen der Stärke Ostberlins“, wie Franziska Giffey sagt.

Ein ursprünglich favorisierter Standort im Süden der Stadt entpuppte sich als zu gefährlich nah am Flughafen Schönefeld. SED-Chef Walter Ulbricht nahm darum höchstpersönlich den Stadtplan in die Hand und entschied: Hier am Alexanderplatz, nah an der Grenze zu Westberlin, sei der richtige Standort für das Prestigeprojekt.

203 Meter in 40 Sekunden

Über ein halbes Jahrhundert später ist der Berliner Fernsehturm mit seinen 368 Metern weiterhin das höchste Gebäude Deutschlands. Die bauchige Kugel des Turms beherbergt mittlerweile eine Bar, das Restaurant heißt nicht mehr „Tele-Café“, sondern cringe „Sphere“. Sternekoch Tim Raue wird dort ab Frühjahr 2025 regionale Hausmannskost servieren. Trotz seiner Höhe – und der Preise im Restaurant – will der Turm bodenständig bleiben.

Am Ende des Turmgeburtstags dürfen die Gäs­t:in­nen gemeinsam auf die Aussichtsetage fahren. 40 Sekunde dauert die Fahrstuhlfahrt auf 203 Meter Höhe, kurz wird es etwas flau im Magen. Doch es lohnt sich – für einen Blick auf das wiedervereinte Berlin.

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2 Kommentare

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  • "Die bauchige Kugel des Turms beherbergt mittlerweile eine Bar, das Restaurant heißt nicht mehr „Tele-Café“, sondern cringe „Sphere“. Sternekoch Tim Raue wird dort ab Frühjahr 2025 regionale Hausmannskost servieren. Trotz seiner Höhe – und der Preise im Restaurant – will der Turm bodenständig bleiben."

    Das darf bezweifelt werden.

    Tim Raue ist nur ein Name und keine Garantie für Erfolg.

    Soll diese Café mit seinen hohen Preisen nur für ausgewähltes Publikum und Gäste einladend sein?

    "Das Restaurant in der legendären Villa Kellermann in Potsdam muss fünf Jahre nach der Eröffnung mit TV-Moderator Günther Jauch schließen. Die zuständige PR-Agentur bestätigte am Freitag mit, dass der 21. Juni der letzte Tag sei, an dem das Restaurant in Betrieb sei. Schon im April war überraschend das Aus für den 21. Juni angekündigt worden. Geschäftsführer Manfred Dengel sagte, es gebe noch keinen Nachfolger.

    Der TV-Moderator Günther Jauch hatte das Restaurant vor rund fünf Jahren zusammen mit Sternekoch Tim Raue eröffnet, der sich 2023 aus dem Restaurant zurückzog. "

    Raue kocht bodenständig in luftiger Höhe? Illusion vor dem Fall?

  • Dass man da Plagiateuse noch auf diesen Turm darf!

    Wenn man bei der SPD als Bundesminister aus oben genanntem Grund nicht mehr tragbar ist, dann langt es bei dieser Partei immer noch zu einem Landes-Ministerpräsidenten. Also eine Straftat soll doch schließlich bei der SPD nicht vor der Weiterverwendung als Politiker schützen.