Männliche Partnerschaftsgewalt: Misogynes Besitzdenken

In Essen legt ein Mann Feuer und demoliert Geschäfte – aus Rache, weil seine Frau ihn verlassen hat. Es ist ein besonders krasser Fall von männlicher Gewalt.

Blumen und Kerzen liegen nach einem tödlichen Messerangriff vor einem Hauseingang in Berlin-Friedrichsfelde neben einem Zettel mit der Aufschrift „Man tötet nicht aus Liebe - Stoppt Femizide“.

Es beginnt oft mit Beleidigungen und Drohungen und endet in Deutschland fast jeden zweiten Tag mit einem Femizid Foto: Fabian Sommer/dpa

Brände in zwei Mehrfamilienhäusern, 31 verletzte Menschen, darunter zwei Kinder, die in Lebensgefahr schweben, zwei demolierte Geschäfte. Das ist die bisherige Bilanz eines besonders krassen Falls von Partnerschaftsgewalt. Der mutmaßliche Täter, der am vergangenen Samstag in Essen einen regelrechten Amoklauf begangen hatte, wollte nicht akzeptieren, dass sich seine Frau von ihm trennt. Ziel und Opfer waren diesmal nicht nur seine Ex-Frau und die Kinder, wie das bei männlicher Partnerschaftsgewalt sehr häufig der Fall ist, sondern sogar das erweiterte persönliche Umfeld seiner früheren Frau. Rache hat der Mann wohl selbst gegenüber der Polizei als Motiv angegeben.

Man mag es gar nicht mehr wiederholen, so oft wurde es schon geschrieben: Partnerschaftsgewalt ist das Ergebnis von verletzter männlicher Eitelkeit und Hybris, eines archaischen misogynen Besitzdenkens und des Glaubens, Probleme statt mit Worten nachhaltiger mit Gewalt lösen zu können. Diese Melange in der Form der Gewaltspirale beginnt mit Beleidigungen und Drohungen, geht über in Schläge, Tritte, Verletzungen mit Waffen und endet in Deutschland fast jeden zweiten Tag mit einem Femizid, dem Mord an einer Frau, weil sie eine Frau ist.

Frauen, die leben wollen, wie sie es wollen, in der Regel ohne den bisherigen Partner, sind besonders gefährdet, wenn der Mann all das nicht hinnimmt. Dabei ist es egal, ob er aus Deutschland kommt, aus Spanien, den USA, Syrien, Polen. Männliche Gewalt gegen Frauen und Kinder bleibt männliche Gewalt. Sie ändert sich nicht, wenn sich Herkunftssprache, Aussehen, Religion, Kultur der Täter ändern.

In der Regel sind es keine impulsiven Ausrutscher, denen ein Mann, ups, mal kurz erliegt, es sind sich wiederholende Gewaltmuster. Aus denen Frauen sich aus verschiedenen Gründen nur schwer befreien können. Dafür brauchen sie die Unterstützung von Gesellschaft, Politik, Behörden, Polizei, Nachbarschaft. Wer auch immer bemerkt, dass eine Frau männlicher Gewalt ausgesetzt ist, sollte mutig sein und eingreifen – bevor es, wie jetzt in Essen, zum Allerschlimmsten kommt.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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