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Junge Erwachsene in DeutschlandOhne weiterführenden Abschluss

Der Anteil junger Erwachsener ohne weiterführenden Abschluss in Deutschland steigt. Er liegt über dem Schnitt aller Industrienationen.

Der Weg zu mehr Chancengerechtigkeit beginnt bei der frühkindlichen Bildung Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Berlin afp | Der Anteil junger Erwachsener ohne weiterführenden Bildungsabschluss liegt nach OECD-Angaben in Deutschland über dem Schnitt aller Industrienationen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag in Berlin vorgestellte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Studie „Bildung auf einen Blick 2024“ nahm dabei besonders die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem in den Blick.

Demnach ist Deutschland eines von nur vier OECD-Ländern, in denen der Anteil junger Erwachsener im Alter von 25 und 34 Jahren ohne Abschluss im sogenannten Sekundarbereich II zwischen 2016 und 2023 stieg. Die Sekundarstufe II umfasst die Oberstufe an Gymnasien, duale Berufsausbildungen und Ausbildungen an Berufsschulen.

Laut dem aktuellen Bericht liegt der Anteil junger Menschen ohne einen solchen weiterführenden Abschluss in Deutschland bei 16 Prozent und damit über dem OECD-Schnitt von 14 Prozent. Vor allem junge Männer trieben diesen Trend an. 2023 hatten 18 Prozent der jungen Männer keinen entsprechenden Abschluss, bei den jungen Frauen waren es nur 15 Prozent. 2016 hatte demnach noch kein Unterschied zwischen den Geschlechtern bestanden.

Schulausgaben stiegen

Der Anteil junger Erwachsener ohne einen solchen Abschluss stieg dabei trotz vergleichsweise hoher Bildungsinvestitionen. Seit 2015 wuchsen demnach die Schulausgaben hierzulande um acht Prozent. Der Schnitt aller OECD-Länder stieg im selben Zeitraum nur um ein Prozent.

Zugleich wuchs der Anteil junger Erwachsener mit höherqualifiziertem Abschluss. Zum sogenannten Tertiärbereich gehören etwa ein Hochschulabschluss oder ein Meister im Handwerk. Besonders ausgeprägt sei dieser Trend bei Frauen, hieß es weiter. Bei ihnen habe sich der Anteil mit mindestens einem Bachelorabschluss innerhalb einer Generation nahezu verdoppelt – von 22 Prozent bei den 55- bis 64-Jährigen auf 40 Prozent bei den 25- bis 34-Jährigen. Dieser Wert blieb trotzdem unter dem OECD-Schnitt von 47 Prozent.

Dennoch schneiden Frauen dem Bericht zufolge auf dem Arbeitsmarkt schlechter als Männer. Besonders ausgeprägt sei dieser Unterschied bei Frauen ohne Abschluss im Sekundarbereich II. Nur 49 Prozent der jungen Frauen ohne einen solchen Abschluss waren demnach in Deutschland erwerbstätig, während es bei den jungen Männern 74 Prozent waren. Unter Absolventen des Tertiärbereichs ist dieser Unterschied hingegen weniger ausgeprägt.

Deutschland unter dem Schnitt

Mit Blick auf Zuwanderungen stellte der OECD-Bericht fest, dass das Alter bei der Einwanderung den Bildungsgrad beeinflusst. Erwachsene, die nach ihrem 16. Lebensjahr einwanderten, wiesen demnach eine Abschlussquote im Tertiärbereich von 31 Prozent auf. Bei einer Einwanderung in jüngerem Alter lag die Abschlussquote im Tertiärbereich nur bei 23 Prozent. Auch mit diesen Werten blieb Deutschland unter dem Schnitt aller OECD-Länder zurück. Die Quote der in Deutschland Geborenen lag bei 35 Prozent.

Deutschland investierte zudem zwischen 2015 und 2021 stark in frühkindliche Bildung – mit einem Anstieg der Ausgaben von 42 Prozent. Dennoch sank die Teilnahmequote der Drei- bis Fünfjährigen daran von 96 auf 93 Prozent.

Der OECD-Schnitt stieg zeitgleich von 79 auf 83 Prozent. Der Rückgang hierzulande war demnach auf einen Anstieg der Kinderzahl um 18 Prozent zurückzuführen – mehr als in allen anderen OECD-Ländern. Dies machte eine erhebliche Aufstockung der Zahl der Plätze in der frühkindlichen Bildung erforderlich.

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1 Kommentar

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  • Natürlich gibt es viel Verbesserungsbedarf, aber diese internationalen Vergleiche sind etwas unfair Deutschland gegenüber.

    Die meisten anderen OECD-Länder haben nicht so einen großen Anteil an Kindern/Jugendlichen mit Migrationsgeschichte, die erst seit kurzem in im Land sind und besonders viel Förderbedarf haben.