Gerüchte um Trainerwechsel in Hoffenheim: Ränke- und andere Spiele

Bayer Leverkusen siegt souverän 4:1 bei der TSG Hoffenheim. Aber dort ist der Klub damit beschäftigt, seinem Trainer das Leben schwer zu machen.

Pellegrino Matarazzo, Trainer der TSG Hoffenheim

Nur noch Zuschauer im komplizierten Spiel: Hoffenheims Cheftrainer Pellegrino Matarazzo Foto: Imago/Eibner

Nach dem entspannten 4:1-Sieg von Bayer Leverkusen in Sinsheim machten 3.500 Gästefans jede Menge Lärm. Von den 28.000 Heimfans hingegen war ebenso wenig zu hören wie in den 90 Minuten zuvor. Sehr zum Ärger der Hoffenheimer Spieler, die sich wenigstens die sonst übliche Unterstützung gewünscht hätten. Der nun schon im zweiten Heimspiel anhaltende Stimmungsboykott der aktiven Fanszene sei „ein Thema zwischen Fans und Verein, aber wir als Spieler sind die Leidtragenden“, befand Florian Grillitsch. Und Kapitän Oliver Baumann ergänzte gemeinerweise, dass „wir eh nicht das lautstärkste Publikum haben“. Aus gegebenem Anlass wunderte er sich zudem, dass gleich das ganze Stadion still bleibt, weil 100 Ultras ihren Job als Stimmungskanonen verweigern: „Es gibt drei andere Tribünen, die auch noch dürfen. Es gibt ja kein Verbot.“

Dass Leverkusen wohl auch gewonnen hätte, wenn sich der eigene Anhang die Seele aus dem Leib gebrüllt hätte, wollten aber auch Baumann und Grillitsch nicht bestreiten. Leverkusen, das ja am vergangenen Wochenende nach 35 Spielen ohne Niederlage erstmals gegen RB Leipzig wieder verloren hatte, zeigte sich jedenfalls gut erholt von dem traumatischen Ereignis und spielte dabei bemerkenswert anders als in der teilweise rauschhaften Meistersaison: ruhig, abgeklärt und geduldig, und immer auf Spielkontrolle aus, wie eine Ballbesitzquote von 60 Prozent dokumentierte.

Zu meckern gab es dennoch etwas. Zumindest fand das Granit Xhaka, der auch gegen ein 7:1 nichts einzuwenden gehabt hätte: „Wir müssen lernen, den Sack zuzumachen.“ Gegen Leipzig habe eine 2:0-Pausenführung nicht zum Sieg gereicht, da sei es ärgerlich, wenn man im darauffolgenden Spiel den Gegner noch mal herankommen lasse – auch im Hinblick auf das Spiel bei Feyenoord Rotterdam am Donnerstag: „In der Champions League kriegst du keine acht hundertprozentigen Chancen.“

Tatsächlich hätte der Leverkusener Sieg gegen eine im zweiten Durchgang stark nachlassende Hoffenheimer Elf höher ausfallen können. Doch auch so reichte es nach Toren von Martin Terrier (17.), Victor Boniface (30./75.) und Florian Wirtz (72./Foulelfmeter) zu einem ungefährdeten Dreier. Hoffenheim konnte all dem nur den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer durch Mergim Berisha entgegensetzen (37.).

Hinter Matarazzos Rücken soll die TSG bereits mit Sandro Wagner verhandeln

Intern kaum noch Rückhalt

Nun wäre auch eine deutliche Niederlage gegen den deutschen Meister nichts Ehrenrühriges. Zumindest dann nicht, wenn man sich wie Hoffenheim 15 Torschüsse erarbeitet und eine Halbzeit recht gut im Spiel ist. Und dennoch gab es für die TSG mal wieder genug Grund, sich an die eigene Nase zu fassen. Wenn man auf Konter spielt – was gegen einen Gegner wie Leverkusen eine realistische Vorgehensweise sein kann – sollte eine Abseitsfalle mit Vorsicht eingesetzt werden. Da das zweimal anders war, stand es schnell 2:0 für die Gäste.

Die Diskussionen um Trainer Pellegrino Matarazzo würden allerdings wohl auch dann nicht abebben, wenn Hoffenheim nur 1:2 verloren hätte. Selbst die Qualifikation zur Europa-League, die unter Matarazzo im Sommer gelang, hat dem ja nicht die Möglichkeit beschert, die Mannschaft in Ruhe weiterentwickeln zu können. In der Süddeutschen Zeitung hatte er vor der Partie durchblicken lassen, dass er intern kaum noch Rückhalt verspürt und neue Spieler ohne sein Mittun verpflichtet werden. Auch seither habe er von der Vereinsführung „nichts gehört“, wie er am Samstag erwähnte.

Dabei wusste er um Zeitpunkt des Interviews womöglich noch gar nicht, dass allem Anschein nach hinter seinem Rücken bereits ein potenzieller Nachfolger in Person des derzeitigen Co-Trainers der Nationalmannschaft, Sandro Wagner, kontaktiert worden war, wie der Kicker erfahren hat. Und zwar offenbar auch von der Berater-Agentur Rogon. Dass die dem Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp nahesteht, ist bekannt.

Matarazzo wünscht sich „ruhiges Arbeiten“

Und die ist auch einer der Gründe, warum die Hoffenheimer Ultras im Dauerclinch mit dem Verein liegen, dem sie Intransparenz und Cliquenwirtschaft vorwerfen: „Keine Deals mehr mit Rogon“ stand dann auch auf einem Sticker, der auf die Laternenmasten im Stadionumfeld geklebt worden war und das durchgestrichene Konterfei des Agenturgründers Roger Wittmann zeigt. Dass eine Spielerberatungsagentur so prominent vertreten ist, wie Rogon es seit vielen Jahren bei der TSG ist, ist in der Branche schon etwas Besonderes.

Zumal die Kicker-Meldung aus der vergangenen Woche nun nahelegt, dass die Agentur mittlerweile auch Teile des operativen Geschäfts der TSG betreibt. Dem bedauernswerten Matarazzo blieb da nur zu betonen, dass er sich „ruhiges Arbeiten“ wünsche. Das könnte ihm der Klub leicht ermöglichen – etwa, indem er die Meldung empört zurückweist oder sich zu einem halbwegs glaubwürdigen Bekenntnis zum Coach herablässt. Beides blieb am Samstag auch auf Nachfrage aus.

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