Festival des fantastischen Films: „Von Corona erzählen – mit Zombies“
Am Mittwoch hat das Kommunalkino Hannover ein neues Festival des fantastischen Films eröffnet. Neben Klassikern gibt es 13 Neuerscheinungen.
taz: Wiebke Thomsen, Sie gründen einfach mal ein neues Filmfestival und geben ihm auch noch einen seltsamen Namen – was, bitte, bedeutet „Broyhan“?
Wiebke Thomsen: Wir haben etwas gesucht, das einerseits wie ein mysteriöser Fantasiename klingt, aber auch einen Bezug zu Hannover hat: „Broyhan“ hieß ein hannoveraner Bierbrauer im 16. Jahrhundert, der eine Biersorte erfunden hat, die dann nach ihm benannt wurde.
taz: Gibt es da am Ende noch einen Sponsoren?
Thomsen: Nein, aber ein Braumeister braut extra für uns ein „Broyhan Fantastik Bier“. Das kann man nur vom Fass und auf dem Festival trinken.
Eröffnung mit „I Saw The TV Glow“ (FSK 18, engl OV): Mi, 18. 9., 19.30 Uhr, Kino im Künstlerhaus Hannover, danach Get together (Eintritt frei). Bis 28. 9., ganzes Programm auf www.hannover.de
taz: Auf dem Filmfest München gab es in diesem Jahr ein „Fantastic Summit“, die Vorstellung von Genre-Filmfestivals im deutschsprachigen Raum. Davon sind einige gerade erst ins Leben gerufen worden – gibt es da gerade eine Art Gründungsphase?
Thomsen: Ja, und ich denke, das liegt daran, dass es zwar großen Publikumszuspruch gibt, das Genrekino aber trotzdem unterrepräsentiert ist. Denn es gibt noch kaum Festivals dafür. In anderen Ländern ist das anders.
taz: Und was genau hat Sie nun dazu bewogen, „Broyhan“ anzuschieben?
Thomsen: Uns interessiert an fantastischen Filmen, dass sie gesellschaftspolitische Themen ganz anders behandeln. Von der Coronapandemie kann man zum Beispiel auch mit Zombies erzählen. Im Genrekino ist es oft leichter, Dinge zu verhandeln, die aktuell wichtig sind. Und das auf eine unterhaltsame und lustvolle Art und Weise. Ich glaube, dass viele, die sich nicht mit diesen Genres befassen meinen: alles nur Blut, Gemetzel und Quatsch. Aber ich finde, sie bieten einen spannenden Blick aufs Filmemachen – und auf die Gesellschaft.
Wiebke Thomsen*1982, leitete schon die „Kinos am Raschplatz“ in Hannover mit, wo sie mit ihrem Mann Johannes auch das Wohnzimmerkino „Lodderbast“ betrieb. Seit 2023 leiten beide das Kommunale Kino.
taz: Welche Filme zeigen Sie nun?
Thomsen: An zehn Tagen zeigen wir 13 Neuerscheinungen, die in einem Wettbewerb mit einem Publikumspreis laufen, der mit 500 Euro dotiert ist: aus den USA, europäischen Ländern, ein Film aus den Philippinen ist auch dabei. Sechs davon sind Deutschlandpremieren, auch die anderen liefen hier noch nicht in den Kinos. Dann gibt es eine Retrospektive, bei der nur Filme auf analogem Material gezeigt werden, also 16 und 35 Millimeter: Das sind ältere, eher unbekannte Produktionen. Wir zeigen zum Beispiel „Panik im Tokyo Express“, die japanische Vorlage zu „Speed“. Dann gibt es auch noch den Programmstrang „Broyhan Fantastik jugendfrei“.
taz: Was ist das?
Thomsen: Das sind Vorstellungen am Vormittag, gezeigt werden Filme für Kinder, Jugendliche und Genre-Einsteiger. Zum Beispiel die Verfilmung von George Orwells „1984“, aber auch der Dokumentarfilm „Mikrokosmos“ mit seinen extremen Insekten-Nahaufnahmen.
taz: Wie definieren Sie fantastische Filme?
Thomsen: Da gab es viele lange Diskussionen unter den Kolleginnen und Kollegen. Für mich gehören dazu Zukunftsvisionen, Filme mit Monstern, Geistern und Vampiren sowie Geschichten, die makaber, verschroben und bizarr erzählt werden. Wir haben entschieden, dass fantastische Filme einfach nicht zu den klassischen Genres gehören – Liebesfilm, Komödie, Drama und Krimi.
taz: Gibt es Trends bei den Neuproduktionen?
Thomsen: Es fällt auf, dass mehrere Filme in der Tradition des „Blair Witch Projekt“ mit Fake Found Footage arbeiten, also fingiertem, vermeintlich authentischem Material. Einige der neuen Produktionen wurden auch auf 16 Millimeter gedreht – nicht nur im Arthouse-Kino gibt es eine analoge Retrowelle.
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