US-Präsidentschaftswahl: Mit Republikanern ins Kabinett

Kamala Harris hat auf CNN ihr erstes TV-Interview seit ihrer Nominierung gegeben. Dabei gab es keine großen Patzer, dafür einige Überraschungen.

US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris, hier bei einer Wahlkampfveranstaltung am 29. August Foto: Elizabeth Frantz/reuters

WASHINGTON taz | Der US-Vizepräsidentin Kamala Harris bleiben weniger als 70 Tage, um die US-amerikanische Bevölkerung davon zu überzeugen, dass sie das Zeug dazu hat, das Land über die nächsten vier Jahre zu regieren.

In ihrem ersten Fernsehinterview seit ihrer Nominierung als Präsidentschaftskandidatin der demokratischen Partei hat sich die 59-Jährige keinen großen Patzer geleistet und sogar für eine kleine Überraschung gesorgt. Von der Leichtigkeit, die sie während des Nominierungsparteitags vergangene Woche in Chicago versprühte, war allerdings nur wenig zu spüren.

Harris, die zusammen mit ihrem Vizekandidaten Tim Walz für das höchste Amt im Land kandidiert, beantwortete im Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN Fragen über ihre politischen Pläne, ihre veränderten Positionen, Präsident Joe Biden und den Krieg in Gaza.

Zum Auftakt des knapp 27-minütigen Interviews, welches am Donnerstagabend ausgestrahlt wurde, fragte CNN-Journalistin Dana Bash Harris nach ihren Plänen für den ersten Tag im Amt. Das Kapitel wurde jedoch schnell ad acta gelegt, da sie ihre bereits bekannten Pläne, wie mehr Steuervergünstigungen für Familien mit Kindern, einfach wiederholte.

Mittelschicht unterstützen, Hoffnung verbreiten

„Eine meiner höchsten Prioritäten ist es, alles zu tun, was wir können, um die Mittelschicht zu unterstützen und zu stärken. Wenn ich mir die Hoffnungen, Ziele und Ambitionen des amerikanischen Volkes anschaue, glaube ich, dass die Menschen bereit sind für einen neuen Weg nach vorn. Und zwar auf eine Art und Weise, die Generationen von Amerikanern angetrieben hat – durch Hoffnung und Optimismus“, sagte Harris.

Hoffnung ist das große Schlagwort von Harris’ Wahlkampf. Etwas, das sie sich von Ex-Präsident Barack Obama abgeschaut hat. Dieser hatte aufgrund seiner Hautfarbe jedoch auch immer wieder mit Anfeindungen zu kämpfen. Harris ist nicht nur schwarz, sondern auch eine Frau. Auf die Frage, wie sie mit Kommentaren von Republikanern und Ex-Präsident Donald Trump über ihre Identität umgehe, erwiderte sie: „Immer das gleiche alte, abgedroschene Drehbuch. Die nächste Frage bitte.“

Am energischsten zeigte sich Harris vermutlich auf die Frage nach ihren Positionen zu den Themen Fracking und Einwanderung. In beiden Fällen haben sich ihre öffentlichen Aussagen gegenüber früheren Jahren klar verschoben.

„Ich denke, der wichtigste und bedeutsamste Aspekt meiner politischen Perspektive und Entscheidungen ist, dass sich meine Werte nicht geändert haben“, sagte Harris. Sie habe jedoch während der vergangenen fast vier Jahre als Vizepräsidentin gelernt, wie wichtig es sei, einen Konsens zu erzielen, um die Probleme gemeinsam lösen zu können.

Aktuell leichter Vorsprung vor Trump

Harris, die in neuesten Umfragen sogar einen leichten Vorsprung gegenüber Trump besitzt, wurde in den letzten Wochen von Republikanern für ihre veränderten Positionen immer wieder kritisiert. Hatte sie sich als US-Senatorin noch für ein Verbot der kontroversen Fracking-Methode zur Gewinnung von Erdgas und Erdöl ausgesprochen, ist sie seither gegen eine solche Bestimmung.

„Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir uns ernsthaft damit befassen, was wir tun müssen, um uns vor einer eindeutigen Klimakrise zu schützen“, sagte Harris, die betonte, dass sie zusammen mit Präsident Biden das größte Klimagesetzespaket in der Geschichte der USA verabschiedet habe.

Vor mehr als vier Jahren hatte sich Harris auch für eine Dekriminalisierung von illegaler Einwanderung ausgesprochen. Auch diese Position hat sie mittlerweile verworfen. Sie betonte, sie sei stolz auf die Arbeit, die sie und Biden in den vergangenen Jahren zur Reduzierung der Zahl von unerlaubten Grenzübertritten geleistet haben.

Republikaner im Kabinett für Harris denkbar

Für eine Überraschung sorgte sie, als sie sagte, dass sie sich vorstellen könnte, einen Republikaner in ihr mögliches Regierungskabinett aufzunehmen. In der polarisierten amerikanischen Politik scheint diese Aussage fast utopisch.

„Ich habe meine Karriere damit verbracht, Meinungsvielfalt zuzulassen. Ich denke, es ist wichtig, Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Erfahrungen am Tisch zu haben, wenn einige der wichtigsten Entscheidungen getroffen werden. Und ich denke, es wäre zum Vorteil der amerikanischen Öffentlichkeit, ein Mitglied meines Kabinetts zu haben, das Republikaner ist“, so Harris.

Die demokratische Partei reitet seit der Nominierung von Harris auf einer Welle der Euphorie. Im CNN-Interview überschüttete sie Biden mit Lob für seine politischen Leistungen als Präsident und seine Entscheidung, das Wohl des Landes vor seine politischen Ambitionen zu stellen.

Dennoch muss sich Harris als Teil der Biden-Regierung auch Fragen zur Unterstützung Israels gefallen lassen. Aktivisten, vor allem aus dem linken politischen Lager, verlangen seit Monaten einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende von US-Waffenlieferungen an Israel.

Klare Positionierung zu Waffenstillstand in Gaza

Gefragt, ob sie diesen Forderungen als Präsidentin nachkommen würde, erklärte sie nur, dass ein Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln ihre obersten Prioritäten seien.

„Israel hat ein Recht, sich zu verteidigen. Das würden wir auch. Doch es ist auch wichtig, wie es das tut. Viel zu viele unschuldige Palästinenser wurden getötet. Und wir müssen einen Deal abschließen“, sagte Harris.

Am 10. September treffen Harris und Trump bei einer ersten TV-Debatte aufeinander.

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