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Netzausbau in DeutschlandRegeln für 5G-Auktion rechtswidrig

Bei den Rahmenbedingungen für die milliardenschwere 5G-Mobilfunkauktion 2019 gab es politische Einflussnahme, urteilte das Verwaltungsgericht Köln.

Der 5G-Netzausbau soll Funklöcher schließen und schnelleres Internet bringen Foto: Boris Roessler/dpa

Köln dpa | Bei der Festlegung der Spielregeln für die milliardenschwere 5G-Mobilfunkauktion 2019 ist es nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln nicht mit rechten Dingen zugegangen. Das Gericht gab den Mobilfunkanbietern Freenet und EWE Tel recht, die sich von Verfahrens- und Abwägungsfehlern bei den Vergabe- und Auktionsregeln benachteiligt gesehen hatten.

Im Kern ging es um die Frage, ob das damalige Bundesverkehrsministerium unter der Leitung von Andreas Scheuer (CSU) rechtswidrig Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Frequenzauktion genommen habe.

Bei der Auktion für den Mobilfunkstandard 5G hatten vier Telekommunikationskonzerne Frequenzen für insgesamt 6,5 Milliarden Euro ersteigert. Sie verpflichteten sich dabei zu Mindestausbauzielen, etwa, bis Ende 2022 jeweils 98 Prozent der Haushalte in jedem Bundesland mit mindestens 100 Mbit pro Sekunde im Download zu versorgen.

Auf eine sogenannte Diensteanbieterverpflichtung verzichtete der Bund hingegen. So eine Regelung oder zumindest strenge Vorgaben hätten kleineren Mobilfunkanbietern, die kein eigenes Netz haben und Netzkapazitäten mieten, wesentlich geholfen. Ihre Position wäre gegenüber den großen Netzbetreibern gestärkt worden. Mit EWE Tel und Freenet fühlten sich zwei kleinere Mobilfunkanbieter benachteiligt und zogen vor Gericht.

Vorwurf eines politischen Deals bestätigt

In dem Kölner Urteil wurde letztlich festgestellt, dass die Politik auf eine eigentlich unabhängige Behörde rechtswidrig Einfluss genommen hatte. Damit wurde der Vorwurf eines politischen Deals bestätigt. Dieser sah vor, dass die Netzbetreiber zwar zu harten Ausbauzielen verdonnert wurden, dafür aber beim Thema Netzvermietung milde behandelt wurden.

Der Rechtsstreit war zuvor bereits durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht gelaufen. Die obersten Verwaltungsrichter in Leipzig hatten den Fall im Oktober 2010 wieder an das Verwaltungsgericht in Köln zurückverwiesen. Die Kölner Richter entschieden nun, dass die Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur vom 26. November 2018 über die Vergabe- und Auktionsregeln für die im Jahr 2019 durchgeführte Versteigerung der für den 5G-Mobilfunk besonders geeigneten Frequenzen in den Bereichen 2 GHz und 3,6 GHz rechtswidrig gewesen sei.

Auswirkungen auf Mobilfunkkunden unklar

Wie sich das Kölner Urteil auf die Mobilfunkkunden in Deutschland auswirken wird, ist noch unklar, auch weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Das Verwaltungsgericht hat zwar keine weitere Revision zugelassen. Die Bundesnetzagentur kann aber versuchen, eine Zulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu erreichen. „Wir erwarten keine negativen Auswirkungen auf den weiteren zügigen Ausbau der Mobilfunknetze in Deutschland“, sagte ein Behördensprecher.

Freenet erklärte, fast sechs Jahre nach der Präsidentenkammerentscheidung herrsche endlich Klarheit. „Das Gericht hat dokumentiert, dass das Verhandlungsgebot seinen Weg in die Präsidentenkammerentscheidung nur aufgrund rechtswidriger Einflüsse gefunden hat.“

Zwar könne die Aufhebung der 5G-Vergabeentscheidung die für den Wettbewerb verlorenen Jahre nicht rückgängig machen. „Aber nun steht einer Entscheidung im Verbraucherinteresse nichts mehr entgegen. Wir setzen auch vor dem Hintergrund des laufenden Frequenzvergabeverfahrens darauf, dass die Bundesnetzagentur der Aufforderung des Gerichts zeitnah folgt und dabei das spätestens seit heute verbrannte Verhandlungsgebot wieder durch eine wirksame Wettbewerbsregulierung ersetzt.“

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5 Kommentare

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  • Ich finde, es reicht!



    Politiker müssen für Ihre Fehler zur Verantwortung gezogen werden. Insbesondere Herr Scheuer, der hier den zweiten kapitalen Bock geschossen hat!

  • Warum wundert mich dies bei Herrn Scheuer nicht? Das ist doch der Herr, der auch die tolle "Ausländermaut" in den Sand gesetzt hat, vorzeitig Verträge unterzeichnet hat und damit dem deutschen Steuerzahler Schaden verursacht hat - Folgen, KEINE! Scheuer eben

  • “…& staunend liests der anbetroffene Chef!“ - 🙀🥳🫢 -

    Pressemitteilung VG Köln



    www.vg-koeln.nrw.d...27082024/index.php



    “…Aus denselben Gründen ist das Gericht überzeugt, dass es im Vergabeverfahren zu einem Verstoß gegen die unionsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur als nationaler Regulierungsbehörde gekommen ist. Dies folgt nicht schon daraus, dass das BMVI die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur etwa nicht respektierte. Der Verstoß ergibt sich daraus, dass die Bundesnetzagentur ihre…



    Nach alledem leidet die Präsidentenkammerentscheidung auch an einem materiellen Fehler im Abwägungsvorgang. Da die Forderungen des BMVI teilweise Eingang in die Vergaberegeln gefunden haben, kann die Annahme einer faktischen Vorfestlegung nicht ausgeschlossen werden. Es liegt vielmehr nahe, dass die Präsidentenkammer ihre Entscheidung ohne die massive Einflussnahme durch das BMVI im Einzelnen anders ausgestaltet hätte.“



    Aktenzeichen: 1 K 1281/22 (vormals 9 K 8489/18) und 1 K 8531/18



    Hinweis: Im Zusammenhang mit der Frequenzversteigerung ist noch ein weiteres Verfahren eines Mobilfunknetzbetreibers anhängig (Az.: 1 K 8514/18).“

  • Wo war das denn jahrelang hinter den Schreibtisch gefallen ?



    Der Vorgang ist bestimmt erst bei einem Büroumzug wieder zum Vorschein gekommen ...

    • @Bolzkopf:

      May be - gelangte dann aber in versierte Hände! Woll - 🙀🥳🧐 -

      unterm—— aus dem Skat - post 🏤;)



      Eine früher damit befaßte Kollegin:



      “Das mußte dir mal reintun!



      Da gehen Leute mit B6 nachhause - wissen aber nicht - was “insbesondere“ in der Gesetzessprache heißt!“



      Volkers 👄 übersetzte deswegen ja schon immer zutrefffend - POST -



      “PERSONEN OHNE SINNVOLLE TÄTIGKEIT“



      always at your servíce