Mögliche Bankenfusion: Unicredit greift nach Commerzbank

In Europa könnte eine neue Großbank mit einer Bilanzsumme von 1,3 Billionen Euro entstehen. Verdi und Finanzwende warnen davor.

Die Hochhäuser der Commerzbank in Frankfurt mit dem gelben dreieckigen Logo aufder Fassade

Unicredit möchte mit der Commerzbank fusionieren, das finden Verdi und Finanzwende bedenklich Foto: Michael Probst/ap

Berlin taz/rtr | Die italienische Großbank Unicredit greift überraschend nach dem deutschen Konkurrenten Commerzbank. Die Italiener, die in Deutschland mit ihrer Marke HypoVereinsbank bekannt sind, haben 9 Prozent am zweitgrößten börsennotierten deutschen Geldinstitut erworben – davon 4,5 Prozent vom Bund.

Zugleich signalisierten sie Interesse an einem größeren Engagement – bis hin zu einer Übernahme. Falls eine solche zustande käme, würde eine Großbank mit einer Bilanzsumme so groß wie die der Deutschen Bank entstehen – ungefähr 1.300 Milliarden Euro. Das würde Platz drei in der Liste der größten europäischen Banken bedeuten.

Die Commerzbank äußerte sich verhalten zu den Übernahmegerüchten: „Wir haben die heutige Mitteilung der UniCredit zur Beteiligung an der Commerzbank zur Kenntnis genommen“, hieß es in einer Stellungnahme. Die Mitteilung sei auch ein Beleg für den Stellenwert der Commerzbank und die Fortschritte, die sie erzielt habe. Vorstand und Aufsichtsrat der Commerzbank würden weiterhin im besten Interesse aller Anteilseigner sowie von Mitarbeitenden und Kunden handeln.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die italienische Großbank Unicredit die Hälfte ihrer Anteile an der Commerzbank dem Bund abgekauft hat. Im Zuge der Finanzkrise 2008 ist dieser bei der Commerzbank als Aktionär eingestiegen, um der angeschlagenen Bank mit Kapitalhilfen von insgesamt 18,2 Milliarden Euro zu retten. Vor dem Verkauf besaß der Staat ungefähr 16,5 Prozent der Commerzbank-Aktien. Nun sind es noch circa 12 Prozent.

Aktienkurs steigt um 18 Prozent

Jetzt will der Bund nach eigenen Angaben sukzessive bei der Commerzbank aussteigen. Für einen Verkauf weiterer Commerzbank-Aktien besteht nach Angaben des Finanzministeriums eine dreimonatige Sperrfrist.

Die Finanzagentur des Bundes teilte mit, die Unicredit habe bei einem beschleunigten Platzierungsverfahren alle übrigen Interessenten überboten – und zwar mit großem Abstand, wie das Finanzministerium ergänzte. Der Kaufpreis dieses Pakets lag den Angaben zufolge bei 13,20 Euro je Aktie, was einen Gesamterlös von 702 Millionen Euro ergibt. Dieser fließt in den Finanzmarktstabilisierungsfonds.

Die Aktie der Commerzbank machte – nachdem die Übergabegerüchte bekannt wurden – einen Sprung um bis zu etwa 18 Prozent. Die Bankenaufseher der EZB sprechen sich seit einiger Zeit für europäische Bankenzusammenschlüsse aus, um die hiesige Branche vor den viel größeren Banken in den USA und vor allem China zu schützen.

Verdi will Übernahme verhindern

„Mit der Übernahme der Commerzbank könnte eine weitere Großbank entstehen. Falls diese Großbank scheitert, wäre sie wieder einmal ‚too big to fail‘“, müsste im Zweifelsfall also für viel Geld gerettet werden, sagte Michael Peters, Finanzsystemexperte beim Verein Finanzwende. Ein Zusammenschluss sei zwar aus Effizienzgründen verständlich, allerdings würde damit wahrscheinlich auch eine Welle von europäischen Bankenzusammenschlüssen losgetreten werden.

Ver.di will die Übernahme mit allen Mitteln verhindern. Gewerkschaftssekretär und Commerzbank-Aufsichtsrat Stefan Wittmann sagte der taz: Wir sind gegen eine Übernahme. Wenn man sich die Geschichte der HypoVereinsbank – wo nach der Übernahme durch die Unicredit tausende Stellen abgebaut wurden – ansieht, sollte das ein Warnzeichen sein.“

Die Unicredit hat die Hypo Vereinsbank 2005 übernommen und im Anschluss Filialen geschlossen und Stellen abgebaut. Die Zahl der Beschäftigten sank von rund 26.000 im Jahr 2005 auf 9.548 Ende vergangenen Jahres.

Laut Wittmann sei die Commerzbank wichtig für den Mittelstand. Dieser würde seinen Handelspartner verlieren, wenn die Entscheidungsgewalt bei der Unicredit in Italien liegen würde. Außerdem seien die industriepolitischen Folgen nicht zu unterschätzen: „Die Bundesregierung verkauft ohne Not ein wichtiges Investitionszugpferd.“

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