Eine trockene Region kämpft ums Wasser

Brandenburg wirbt mit seiner üppigen Fluss- und Seenlandschaft. Doch das Grundwasser im Bundesland wird knapp. Die Lage verschärft sich – nicht nur wegen des E-Auto-Bauers Tesla

Zwei Hängematten baumeln zwischen Bäumen in einem kahlen Wald, hinter ihnen ist ein Baumhaus

Ak­ti­vis­t:in­nen wollen die Erweiterung des Tesla-Werks in Grünheide verhindern, damit mehr Wasser für alle bleibt Fotos: Timo Krügener. Timo (25), aufgewachsen in Niedersachsen, studiert seit vier Jahren und arbeitet als freier Journalist in Leipzig.

Von Corvin Drößler

Wenn in einem Trinkwasserschutzgebiet in einer der trockensten Regionen Deutschlands ohne Baugenehmigung eine wasserintensive Fabrik gebaut wird, wird jemand eingreifen? Nicht bei Elon Musks Tesla Gigafactory in Grünheide. Die E-Auto-Fabrik dort hat den Kampf ums Wasser in Brandenburg verschärft – zuungunsten der Allgemeinheit.

Brandenburg wirbt oft mit seiner üppigen Fluss- und Seenlandschaft. Das Bundesland mag wasserreich wirken, es hat aber bereits ein starkes Grundwasserdefizit, das die Klima­kri­se weiter verschärfen wird. 94 Prozent des Trinkwassers in Berlin und Brandenburg werden laut Brandenburger Landesregierung aus dem Grundwasser gewonnen. Damit die Region zukunftsfähig wird, braucht sie eine sozialökologische Transformation, und die Ansiedlung Teslas soll für diese Transformation stehen. Doch wie sozial und ökologisch ist sie wirklich? Zwar werden in der Fabrik Jobs geschaffen. Allerdings sind die Arbeitsbedingungen prekär, wie das Magazin Stern berichtete – mit fast einem Unfall täglich, mit Umwelthavarien und Gesundheitsbelastungen.

In dem Werk sind beispielsweise im April 2022 15.000 Liter Lack und kurz darauf 13 Tonnen heißes Aluminium ausgelaufen. Tesla-Chef Musk, der immer wieder Schlagzeilen mit rechtsautoritären und verschwörungsideologischen Aussagen macht, schränkte die Arbeit der Gewerkschaften ein. Wegen Wasserknappheit deckelte der auch für Grünheide zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner Privathaushalten in der Region im Jahr 2022 den Trinkwasserverbrauch auf 37 Kubikmeter pro Jahr, unter dem bundesweiten Durchschnitt von 44,1 Kubikmetern pro Jahr. Tesla darf 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr verbrauchen – und seine Fabrik erweitern. Das von Tesla beauftragte Kontrollunternehmen wies Giftstoffe wie das krebserregende Vinylchlorid in schädlichen Mengen im Grundwasser nach.

Von 2017 bis 2021 hat der Kohlekonzern LEAG 240 Millionen Kubikmeter Wasser illegal abgepumpt

Noch gefährlicher für Brandenburgs Wasser ist aber die Kohle­in­dustrie. Laut der Landesregierung darf der Konzern LEAG im Bundesland 238,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr entnehmen. Dazu kamen von 2017 bis 2021 illegal abgepumpte 240 Millionen Kubikmeter, allein für das Kraftwerk Jänschwalde, wie die B.Z. berichtete. Das Recherchenetzwerk Correctiv deckte Schweigegeldzahlungen der LEAG an Kommunen auf, mit denen der Konzern seine Trinkwassergefährdung verstecken wollte.

Landwirtschaft, Industrie und Privatpersonen benötigen Wasser, soziale Spannungen im Kampf um die Nutzung sind absehbar. Bis jetzt hat die Landespolitik dem kaum vorgebeugt, Klimaschutz- und -anpassung hatten keine Priorität. Aktuelle Umfragen und Wahlprogramme legen nahe, dass die nächste Landesregierung noch weniger dafür tun wird. Doch für viele Anwohner und Aktivisten ist klar: Brandenburg braucht Klimagerechtigkeit – und nicht den Profit eines Kohlekonzerns oder Milliardärs.