Umbau bei Thyssenkrupp: Stählerne Streiterei
Um die Zukunft der Thyssenkrupp-Stahlsparte wird heftig gestritten. Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter kritisieren sich gegenseitig scharf.
Berlin taz | Kurz vor einer wichtigen Aufsichtsratssitzung am Donnerstag eskaliert der Streit um die Stahlsparte bei Thyssenkrupp. Die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat stellen sich hinter Gesamtkonzernchef Miguel Lopez und seine Umbaupläne für den Standort Duisburg. In einer Erklärung von Dienstag kritisieren sie „den Auftritt und die Kommunikation von Arbeitnehmervertretern“. Sie verurteilen im Besonderen „die emotionale Aufladung und teils gezielt verletzende Verunglimpfungen und persönliche Anfeindungen“.
Unter den Unterzeichner*innen befinden sich Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm sowie die Chefin der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, die die größte Einzelaktionärin des Industriekonzerns ist. Russwurm nutzte im vergangenen Mai sein Doppelstimmrecht, um den Teilverkauf der Stahlsparte gegen den Willen der Arbeitnehmerseite durchzusetzen.
Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, wies die Vorwürfe der Arbeitgeberseite bereits am Dienstag zurück. Die Unterzeichnenden versuchten sich aus der Verantwortung herauszuziehen, so der Gewerkschafter, der gleichzeitig stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Thyssenkrupp ist. Das sei „billig und stillos“. Die Beschäftigten seien zutiefst verunsichert. Verantwortlich dafür sei das „rücksichtslose, intransparente und unprofessionelle Agieren von Herrn Lopez und Herrn Russwurm“. Lopez plant unter dem Druck der schwächelnden Nachfrage, die Stahlsparte zu straffen, Produktionskapazitäten zurückfahren – und vor allem Stellen abzubauen.
Seit Monaten bangen die Mitarbeitenden des Standorts Duisburg daher um ihre Arbeitsplätze. Mit Demonstrationen vor dem Konzernstandort und Aktionen in den Betrieben versuchen die Stahlkocher, ihren Unmut über die Umbaupläne auszudrücken.
Ende Mai stimmte der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat für den Einstieg des Energieunternehmens EPCG in seine Stahlsparte. 20 Prozent der Anteile gingen damit an den Konzern des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský. Dieser soll sich vor allem um die Energielieferungen für die Stahlproduktion kümmern.
Leser*innenkommentare
Horst Schlichter
Lohnt es sich denn überhaupt noch, Stahl in Deutschland herzustellen?
Wir leben in einer globalisierten Welt.
Das umfangreiche Know-How, dass die Deutschen im Untertagebau, insb. bei der Steinkohle, erworben haben, interessiert doch kaum noch jemanden. Der chinesischen Regierung ist es egal wenn 50 oder 100 Bergleute ums Leben kommen, so scheint es jedenfalls.
Schwarmgeist
@Horst Schlichter Man sollte nicht den gleichen Fehler zweimal machen.
Günstige Energie aus Russland... Stahl aus China...