Huthi-Angriff auf Tanker im Roten Meer: Risiko für Riffe, Fische, Menschen

Angriffe der Huthi auf Schiffe im Roten Meer beeinflussen auch Umwelt und Klima. Die CO2-Emissionen der Seefahrt dort sind um 63 Prozent gestiegen.

Zuletzt wurden auf dem Hauptdeck der „MV Sounion“ mindestens fünf Bränden nahe den Luken zum Öltank gesichtet Foto: eunavfor aspides/reuters

ATHEN taz | Im Roten Meer droht eine Umweltkatastrophe: Ein brennender Öltanker, beladen mit rund einer Million Barrel Öl, könnte sinken oder explodieren. Das Schiff brennt zwischen Jemen und Eritrea auf See im südlichen Roten Meer. Der drohende Ölteppich kann Riffe und Meereslebewesen zerstören, die Luft hochgradig verschmutzen und die Versorgung des Jemen mit Treibstoff oder Lebensmitteln unterbrechen. Das Absterben der Fischpopulation würde die Lebensexistenz von Tausenden Fischern im Jemen zerstören.

Die griechische „MV Sounion“ war vom Irak auf dem Weg nach Athen, als die vom Iran unterstützten Huthi-Milizen sie am Mittwoch vergangener Woche mit Drohnen und Raketen angriffen. Die 29 Besatzungsmitglieder wurden von einem französischen Kriegsschiff nach Dschibuti evakuiert.

Die Huthis sind eine vom Iran unterstützte schiitische Miliz im Jemen. Sie stellen sich gegen die Regierung des Jemen, die wiederum von Saudi-Arabien und den USA unterstützt wird. Die Huthis wehren sich gegen die von ihnen wahrgenommene Bedrohung durch saudische Ideologien. 2014 nahmen die Rebellen die Hauptstadt Sanaa ein, seitdem ist das Land im Bürger- und Stellvertreterkrieg.

Das Militär verursacht jährlich 5,5 Prozent der globalen Treibhausgase

Im November 2023 begannen die Huthi-Rebellen, internationale Handelsschiffe mit Raketen- und Drohnen anzugreifen. Sie wenden sich gegen Israel und die USA und begründen ihre Unterstützung damit, die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen in Gaza gegen Israel verteidigen zu wollen. In diesem März versenkten sie die „Rubymar“: Das unter belizischer Flagge fahrende und von Libanon betriebene Schiff sank im Roten Meer mit 21.000 Tonnen Ammoniumphosphat-Sulfat-Dünger. Im Juni versenkten die Huthi den Massengutfrachter „Tutor“. Bei den Angriffen wurden mehrere Seeleute getötet oder verwundet.

Huthis griffen Israel mit Drohnen an

Am 19. Juli griffen die Huthis Israel direkt an: Eine Drohne mit hoher Sprengladung schlug in einem Wohnhaus ein, nur wenige hundert Meter von der US-Botschaft in Tel Aviv entfernt. Dabei wurden eine Person getötet und ein Dutzend weitere verletzt. Israel antwortete mit einem massiven Angriff auf zivile Ziele im Hafen von Hudaida, bei dem mindestens sechs Arbeiter getötet und über 80 weitere verletzt wurden. Die Angriffe zerstörten Treibstofftanks in der Nähe des Hafens und zielten auf Portalkräne, um die Umladung von Containerfracht zu verhindern.

Den Schaden tragen Wirtschaft und Zivilgesellschaft: Im Jemen gibt es nicht genügend Hafenkapazitäten, um den Verlust in Hudaida auszugleichen. Die Versicherungs- und Transportkosten schnellen in die Höhe, davon sind auch Nahrungsmittellieferungen betroffen. Die Menschen im Jemen durchleben eine der schwersten humanitären Krisen weltweit: 17 Millionen Menschen sind von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, eine Hungersnot bedroht 6,1 Millionen Menschen.

Auch die Umwelt ist in Gefahr. Erst im August vergangenen Jahres hatten die Vereinten Nationen eine Umweltkatastrophe durch einen maroden Öltanker vor Jemens Küste abgewendet. Damals wurden mehr als 1,1 Millionen Barrel Öl auf ein Ersatztankschiff umgeladen. Die Aufräumarbeiten kosteten rund 20 Milliarden US-Dollar.

Weil die Schiffe den Jemen und das Rote Meer umfahren, schnellen die CO2-Emissionen der Containerschifffahrt in die Höhe. Das zeigen die Daten des Carbon Emissions Index (CEI) der Seefracht-Analyseplattform Xeneta. Die Emissionen sind um geschätzte 63 Prozent gestiegen, verglichen mit dem gleichen Zeitraum vor dem Konflikt. Grund sollen längere Schifffahrtsrouten, schnellere Fahrgeschwindigkeiten und der Einsatz älterer, weniger effizienter Schiffe sein.

Kriege beeinflussen Klimawandel

Militärische Auseinandersetzungen haben einen direkten Einfluss auf die Umwelt und den menschengemachten Klimawandel. Doch die Pariser Klimavereinbarungen verpflichten Länder nicht, ihre militärischen Emissionen an die UNO zu melden. Dabei verursacht das Militär jährlich fast 5,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen – mehr als die Luft- und Schifffahrtsindustrie zusammen. Die geschätzten direkten Emissionen der ersten 120 Tage des Gazakriegs betrugen zwischen 420.265 und 652.552 Tonnen CO2-Äquivalente, so For­sche­r*in­nen der Queen-Mary-Universität in London. Das ist etwa so viel, wie der gesamte deutsche Energiesektor im vergangenen Jahr an einem Tag produzierte. Sie prognostizieren, dass ein Wiederaufbau im Gazastreifen Emissionen freisetzen wird, die etwa dem jährlichen Ausstoß Portugals entsprechen.

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