Neuer Verkehrsknotenpunkt: Zum Grillen nach Schöneweide

Der Fahrgastverband IGEB kritisiert die neue „Verkehrslösung“ am Bahnhof: Den Herausforderungen der Klimakrise seien die Haltestellen nicht gewachsen.

Viel Platz für Trams – aber offenbar nicht für schattenspendende Elemente Foto: Christian Linow

BERLIN taz | Vor zehn Tagen fiel der Startschuss für die neue „Verkehrslösung Schöneweide“: Rund um den gleichnamigen S-Bahnhof hat die BVG in den vergangenen zwei Jahren Platz geschaffen und die Haltestellen von Trams und Bussen neu geordnet, um – in ihren eigenen Worten – eine „attraktive Mobilitätsdrehscheibe“ zu schaffen. Zur Betriebsaufnahme verteilten MitarbeiterInnen als „kleines Dankeschön für die Geduld während der Umbauarbeiten“ Eis an die Fahrgäste.

Keine schlechte Idee – aber aus Sicht des Berliner Fahrgastverbands IGEB eine völlig unzureichende Erfrischung. Als „Grill-Lösung Schöneweide“ verspottet der Verband den neuen Knotenpunkt: Die BVG habe hier ausgerechnet im Zeitalter der Klimakrise einen „unerträglichen Ort“ geschaffen, eine stark versiegelte „Hitzefalle“ ohne Schutz vor sengender Sonne oder Starkregen.

Die Neuordnung des ÖPNV rund um den Bahnhof war seit Langem überfällig. Rund 20.000 Menschen steigen hier jeden Tag zwischen einer Regionalbahn- und sechs S-Bahn-Linien, sieben Bus- und sechs Tramlinien um – für sie seien die Wege nun einfacher, komfortabler und barrierefrei, so die BVG. Dazu wurden auf dem Gelände einer vom Sterndamm abzweigenden Tramschleife acht neue Haltestellen angelegt. Hinzu kommt eine Tram-Unterführung unter dem S-Bahn-Viadukt in Verlängerung der Brückenstraße. 50 Millionen Euro haben sich die Verkehrsbetriebe das kosten lassen.

All das bestreitet die IGEB nicht, nur die Ausführung hält sie für völlig unzeitgemäß. Über 5.000 Quadratmeter Fläche seien neu versiegelt worden, und weil jegliche Überdachung fehle, strahlten Asphalt und Pflaster die Hitze gnadenlos auf die Umsteigenden ab – was sich an diesen heißen Tagen besonders bemerkbar mache. In einem Foto-Thread der IGEB auf Twitter ist zu sehen, wie eine Frau Schutz im schmalen Schlagschatten einer der neuen digitalen Infosäulen der BVG (unternehmenseigener Spitzname: „Diggi“) sucht.

„Gebraten wie ein Broiler“

„Wenn die Sonne scheint, wird man gebraten wie ein Broiler, wenn es regnet, wird man nass wie ein Hund“, bringt IGEB-Sprecher Christian Linow die missliche Situation auf den Punkt. Andere Städte hätten ähnliche Umsteigeanlagen viel kundenfreundlicher gelöst, in Hamburg etwa gebe es überdachte Passagen, die an den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Berlin erinnerten. „So etwas hätte ich auch hier erwartet“, sagt Linow, „zumal die Umsteigefrequenz in diesem Bereich hoch ist und auch noch zunehmen dürfte.“

Zu spät für eine Heilung des aktuellen Zustands ist es aus Sicht des IGEB-Sprechers allerdings nicht: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – auch wenn es nicht einfacher dadurch geworden ist, dass nun bauliche Tatsachen geschaffen wurden.“

Linow kritisiert darüber hinaus auch die neue Tram-Unterführung, die zwar einen Fußgängerweg beinhaltet, der aber nur für autorisiertes Personal zugelassen ist. Weil es keine echten physischen Sperren gibt und der Tunnel als willkommene Abkürzung jenseits der Hauptstraßen lockt, dürften ihn aus seiner Sicht regelmäßig Menschen zu Fuß oder auf dem Fahrrad nutzen: „Dass hier wirklich bloß die BVG durchfährt, das funktioniert nur auf dem Papier.“ Gerade abends und nachts, wenn Menschen auch angeheitert unterwegs seien, könnte es hier aus seiner Sicht zu gefährlichen Situationen und Unfällen kommen.

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